„Warum soll der US-Steuerzahler die Deutschen verteidigen?“

von Redaktion

Trumps designierter neuer Botschafter in Berlin ist Militärexperte – Querdenker und Isolationist

Washington/Berlin – Folgt demnächst auf den diplomatischen Bulldozer ein kühler Militärstratege als amerikanischer Botschafter in Berlin? Und sollte die Berufung Douglas MacGregors als Nachfolger von Richard Grenell durch den US-Senat noch vor der Präsidentschaftswahl im November erfolgen: Welches Signal für die deutsch-amerikanischen Beziehungen geht von seiner Nominierung aus?

Für Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, ist die Botschaft noch nicht ganz klar. „Wenn man die Schriften von Colonel MacGregor liest: ein interessanter – isolationistischer – Querdenker, wahrscheinlich für die US-Army ziemlich unbequem gewesen“, twitterte Ischinger nach Bekanntwerden der Personalie. „Unorthodoxe Ansichten, unter anderem auch zu Iran. Mit ausgeprägten Kenntnissen zu Deutschland. Mal abwarten, ob der Senat ihn bestätigt!“, ergänzte der Ex-Botschafter Deutschlands in Amerika. Medienberichten zufolge soll er gut Deutsch sprechen und längere Zeit in Deutschland stationiert gewesen sein.

Interessant ist in jedem Fall der Zeitpunkt der Nominierung durch das Weiße Haus. Der dürfte kein Zufall sein. In dieser Woche will die Regierung Details zu dem beschlossenen Teil-Truppenabzug der USA aus Deutschland bekannt geben. 9500 der insgesamt 34 500 Soldaten sollen verlegt werden – ein Teil davon nach Polen. MacGregor steht bisherigen Äußerungen zufolge voll hinter der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die geizigen Deutschen abzustrafen.

Im Juli 2018 sagte MacGregor dazu: „Die Deutschen fühlen sich dank uns nicht verpflichtet, sich selbst zu verteidigen. Und der Präsident hat einfach gesagt: Schauen Sie, warum sollte der amerikanische Steuerzahler sie verteidigen, wenn sie nicht willens sind, sich selbst zu verteidigen?“

Auch der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Silberhorn (CSU), findet Person und Zeitpunkt der Nominierung interessant: „Es ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, dass das auch ein kleines Signal ist für die Ankündigungen, die ins Haus stehen, was die Präsenz der US-Truppen in Deutschland angeht.“ Einschränkend fügte Silberhorn hinzu, dass er die Vita MacGregors bislang nur aus den Medien kenne. „Wir setzen auf einen vertrauensvollen Dialog, auf Transparenz auf Offenheit.“

Allzu viel ist über das Leben des in Philadelphia geborenen Ex-Militärs bisher auch nicht bekannt. Klar ist, der Kriegsveteran, Autor (darunter 1989 ein Buch über die Allianz der DDR mit der Sowjetunion) und Berater habe während seiner Karriere beim US-Militär das Team des US-Sonderbeauftragten für den Balkan bei den Friedensgesprächen unterstützt, die den Krieg in Bosnien und Herzegowina mit dem Abkommen von Dayton beendeten.

MacGregor war zudem Planungschef für den Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte im Kosovo-Krieg. Er habe zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter die Bronze Star Medal für seine Leistungen im Kampfeinsatz.

Mac Gregor tritt auch häufig als Kommentator bei Trumps Lieblingssender FoxNews auf. Seinen Äußerungen insgesamt zufolge könnte man seine außenpolitische Sicht der Dinge auf folgenden Nenner bringen: Er unterstützt in vollem Umfang die Rückzugsstrategie Trumps. Er war ein scharfer Kritiker der US-Einsätze im Irak und Afghanistan und begrüßt die Abzugspläne Trumps aus dem Nahen Osten. Wörtlich sagte er dazu: „Washington hasst ihn dafür, dass er diese Dinge tut, aber die meisten Amerikaner und zukünftige Generationen werden ihn dafür lieben“. Für Deutsche und Europäer hat er eine wenig ermutigende Nachricht: „Die Nato stirbt nicht. Sie ist ein Zombie“, schrieb er 2019. Aber „auch Zombies sterben irgendwann“. ALEXANDER WEBER

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