Teheran/Peking – Bedrohliche Allianz oder nur iranischer Wunschtraum? China und der Iran planen ein weitreichendes Wirtschafts- und Sicherheitsabkommen, das ihre Kooperation auf eine völlig neue Stufe heben soll. Das sorgt für Wirbel. Über 25 Jahre soll es den Weg für chinesische Milliardeninvestitionen im Iran ebnen, während Teheran im Gegenzug Öl zu günstigen Preisen an China liefern will. So zumindest lautete 2016 die Ursprungsidee beim Besuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Teheran.
Ein solches Abkommen wäre ein schwerer Schlag für die USA und würde die Bemühungen von Präsident Donald Trump untergraben, den Iran wegen seines Atomprogramms zu isolieren und zu sanktionieren. Ein angeblicher Entwurf kursiert bereits im Internet, wird aufgeregt diskutiert. Auch eine militärische Kooperation ist demnach geplant. Irans Präsident Hassan Ruhani wirbt in Teheran: „Dieses strategische Projekt ist ein bedeutsamer Anlass für wirtschaftliches Wachstum im Land sowie Stabilität und Frieden in der Region.“
Auch für Irans Außenminister Mohammed Dschwad Sarif wäre das Abkommen im nationalen Interesse. Besonders zu einer Zeit, in der die USA, so Sarif, mit „terroristischen Sanktionen“ versuchten, den Iran wirtschaftlich lahmzulegen und politisch ins Abseits zu drängen. Doch auf Chinas Seite ist auffällige Zurückhaltung zu spüren. Auf eine Frage nach dem Abkommen sagt Pekings Außenamtssprecherin Hua Chunying lediglich: „Der Iran ist ein befreundetes Land, das normalen Austausch und Kooperation mit China genießt.“
Für den Iran wäre das Abkommen wichtig. Das Land steckt nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen und durch die Verhängung neuer Sanktionen in einer akuten Wirtschaftskrise, die sich durch den Ausbruch der Corona-Krise noch verschärft hat. Der Ölexport als Haupteinnahmequelle des Gottesstaates ist blockiert. Die Währung Rial ist nicht mal mehr die Hälfte wert. Trumps „maximaler Druck“ hat auch militärische Spannungen zwischen den beiden Erzfeinden ausgelöst.
Die Europäische Union – allen voran das EU-Trio Deutschland, Frankreich und Großbritannien – ist zwar gegen Trumps Iran-Politik, kann oder will dagegen aber nicht viel unternehmen. „Ruhani wollte ja nach dem Atomdeal die Beziehungen zum Westen verstärken, aber nach Trumps Ausstieg ging das nicht mehr. (…) Als Alternative kamen dann nur China und Russland infrage“, sagt ein Politologe in Teheran. „So weit, so gut, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail“, sagt er. Denn es gibt im Iran durchaus Bedenken gegen angebliche Details des Vertrages. Zum Beispiel: Ölverkauf ja, aber Bezahlung nicht in Dollar, sondern Yuan. Auch von einer chinesischen Militärbasis auf iranischem Boden ist die Rede. Es gibt sogar Gerüchte, dass den Chinesen in dem Vertrag die Freihandelszone Kisch in der gleichnamigen Insel am Persischen Golf geschenkt werden soll.
„Alles Lügen, die seitens der USA gesteuert werden, weil dieser Vertrag Washington teuer zu stehen kommen wird“, kommentiert Teherans Außenamtssprecher Abbas Mussawi die Gerüchte. Aber viele Iraner sind gegen den Vertrag. Ihnen wäre ein langfristiges Abkommen mit dem Westen weitaus lieber als eines mit dem chinesischen Drachen. „Für die Menschen hier steht Made in Germany oder Japan für Qualität, Made in China aber für Müll“, sagt ein IT-Unternehmer.
So könnte auch ein anderes Kalkül dahinterstecken: Nutzt der Iran die Kooperationspläne mit China eventuell nur als „nützliches Faustpfand“ für künftige Verhandlungen mit den USA oder der EU über eine Lockerung der Sanktionen?