München – Vorfreude klingt anders. Noch ehe die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern am Montag als bundesweit erste den Betrieb wieder aufnahmen, machte sich im Lehrkörper Beklemmung breit. Der Philologenverband des Landes sprach von einem „mulmigen Gefühl“ angesichts der Corona-bedingten Einschränkungen, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes befürchtete „ein großes Durcheinander“.
So schlimm ist es nicht gekommen, aber es sind auch erst zwei Schultage vorüber. Und von nun an geht es Schlag auf Schlag. Morgen enden in Hamburg die Ferien, kommende Woche sind Berlin, Brandenburg, NRW und Schleswig-Holstein (bis auf einige Inseln) dran.
In Mecklenburg-Vorpommern sind die Schüler in feste Gruppen eingeteilt worden, die sich in der Schule nicht begegnen sollen. An Grundschulen sind vier Stunden Unterricht am Tag garantiert, an weiterführenden mindestens fünf. In den Fluren herrscht Maskenpflicht, im Unterricht hingegen nicht. Anders als in NRW, wo ab der fünften Klasse auch während der Schulstunden Mund und Nase bedeckt bleiben müssen. In Hessen und Sachsen liegt diese Entscheidung im Ermessen der Schulen, Niedersachsen hält eine Pflicht hingegen für unverhältnismäßig. Der Virologe Alexander Kekulé rät indes einer umfassenden Maskenpflicht an Schulen. „Ja, klipp und klar. Wenn die Klasse voll ist und sie jetzt im Herbst die Fenster nicht mehr dauernd aufmachen können, ist die Maske das, was notwendig ist“, sagte Kekulé.
Normalität? Nein. Während sich Millionen Schüler – und Eltern – nach geordneten Verhältnissen sehnen, sind die Verantwortlichen schon froh, wenn sie sich halbwegs mit den Realitäten der Pandemie arrangieren können. Die Kultusminister der Länder hatten zwar vereinbart, den Regelbetrieb an den Schulen wieder aufzunehmen und auch auf die Abstandsregel zu verzichten – aber ausdrücklich mit der Einschränkung: „sofern es das Infektionsgeschehen zulässt“. Das war Mitte Juli.
Drei Wochen später stellt sich die Lage ganz anders dar. Die Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung hält eine Rückkehr zum Regelschulbetrieb für unrealistisch. „Es wird keinen flächendeckenden, vollumfänglichen Regelschulbetrieb wie vor Corona geben“, sagte ihr Vorsitzender Udo Beckmann der „Welt“. Die Politik habe eine Illusion geweckt und als realisierbar dargestellt, „was selbst bei gleichbleibend niedrigem Infektionsgeschehen nicht umgesetzt werden könnte“. Nun, da die Zahlen wieder steigen, kommen ganz andere Maßnahmen ins Spiel. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) droht bei Verstößen gegen die Maskenpflicht mit Schulverweisen.
Man habe die Bedürfnisse von Eltern, Schülern und Kindergartenkindern bisher „viel zu wenig beachtet“, gestand Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Umso wichtiger sei die Rückkehr zum Präsenz-unterricht: „Die Schüler müssen sich gegenseitig sehen.“ Ihre Belange hätten „jetzt ganz große Priorität“. mit dpa