GroKo-Gegner Kühnert bricht zu neuen Ufern auf

von Redaktion

31-Jähriger zieht sich von Juso-Spitze zurück und kandidiert für den Bundestag – Kampagne für SPD-Doppelspitze

Berlin – Kevin Kühnert geht neue Wege: Mit seinem angekündigten Rückzug von der Spitze der Jungsozialisten wechselt der 31-jährige Parteilinke endgültig von der Nachwuchsorganisation hin zu einer Karriere in der Bundesspitze der SPD selbst. Eingeleitet hatte er diesen Schritt schon Ende vergangenen Jahres, als er sich auf dem Parteitag in Berlin zum stellvertretenden Parteivorsitzenden wählen ließ.

Insofern ist es konsequent, dass Kühnert mit einer vorgezogenen Neuwahl der Juso-Spitze im November die Doppelfunktion von Parteijugend und Karriere im sozialdemokratischen Establishment beendet. „Trau keinem über 30, heißt es“, schrieb er dazu auf Twitter. „Ganz so schlimm ist es hoffentlich nicht, aber man sollte wissen, wann es genug ist.“

Für Kühnert bedeutet dieses „genug“ vor allen Dingen einen Aufbruch zu neuen Ufern: So kündigte der durchaus karrierebewusste Parteilinke zugleich für das kommende Jahr seine Kandidatur für den Bundestag an. Dass er mit einer Bewerbung im Berliner Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller in die Quere kommen könnte, der wohl ebenfalls in den Bundestag strebt, ficht Kühnert nicht an.

Sein bisher größter politischer Erfolg war wohl die erfolgreiche Kampagne im SPD-internen Auswahlverfahren für den Parteivorsitz zugunsten der jetzigen Amtsinhaber Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Deren Sieg in der Stichwahl über den vom gesamten engeren Führungszirkel unterstützten Vizekanzler Olaf Scholz und dessen Duo-Partnerin Klara Geywitz ebnete zugleich auch Kühnert den Weg in die Riege der Parteivize.

Spannend könnte nun werden, wie sich das Verhältnis zwischen Kühnert und Scholz weiterentwickelt. Dies gilt besonders dann, wenn der Finanzminister, der eher zur Parteirechten in der SPD gezählt wird, tatsächlich 2021 als Kanzlerkandidat für die Sozialdemokraten ins Rennen gehen sollte. Gestern äußerte sich der scheidende Juso-Chef zu dieser Frage betont zurückhaltend und verwies nur knapp auf das Vorschlagsrecht der Parteivorsitzenden.

Immer wieder hat Kühnert seit seiner Wahl zum Juso-Vorsitzenden im November 2017 in der SPD Akzente gesetzt und dabei oft für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Gleich als eine seiner ersten Amtshandlungen startete er Unterschriftenaktion und Social-Media-Kampagne gegen die Große Koalition. Dies trug dazu bei, dass sich die Sozialdemokraten erst nach Sonderparteitag und Mitgliederbefragung zur Neuauflage des Regierungsbündnisses mit der Union bereit fanden.

Auch danach preschte Kühnert wiederholt mit Vorschlägen vor, die sich im Bündnis mit der Union gewiss nicht umsetzen lassen – so etwa für die Vergesellschaftung von Großkonzernen wie zum Beispiel den Autokonzern BMW.

Empörung, wie er sie damals beim Koalitionspartner, aber auch in Teilen der SPD auslöste, sieht Kühnert vor allem als Beleg, dass er etwas richtig gemacht hat.

In der SPD ist Kühnert schon sein halbes Leben aktiv. Geboren am 1. Juli 1989 in Berlin, kletterte er als Jugendlicher die Juso-Karriereleiter hoch. Sein bislang nicht abgeschlossenes Studium der Politikwissenschaften musste hinter der Politkarriere zurückstehen.

Wenn neben seinen Ämtern Zeit bleibt, widmet sich der 31-Jährige gerne dem Sport, unter anderem besitzt er eine Dauerkarte für Arminia Bielefeld.  afp

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