Berlin – Die politischen Sommerferien in Berlin gehen zu Ende. Am heutigen Dienstag um 15 Uhr treffen sich erstmals wieder Spitzenvertreter der Regierungsparteien im Koalitionsausschuss, um über eine Verlängerung von Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der Corona-Krise zu beraten. Auf der Tagesordnung steht auch das Wahlrecht bei Bundestagswahlen. Nachfolgend die wichtigsten Punkte im Detail:
Wahlrecht: Im Kern geht es darum, einem absehbar immer größer werdenden Parlament Einhalt zu gebieten, um seine Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Allein bei der letzten Bundestagswahl mussten 111 zusätzliche Sitze vergeben werden, denn wenn eine Partei mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, fallen Überhangmandate an, die wiederum Ausgleichsmandate für andere Parteien nach sich ziehen. Für eine Verkleinerung des Bundestages verfolgen Union und SPD jedoch völlig unterschiedliche Konzepte. So will die Union als zentrale Maßnahme die Zahl der Wahlkreise verringern.
Aus Sicht der SPD ist das gut ein Jahr vor der nächsten Wahl aber nicht mehr umsetzbar. Die Genossen schlagen stattdessen eine feste Obergrenze von 690 Sitzen vor (jetzt gibt es 709 Abgeordnete). Um dies zu gewährleisten, würden auch direkt gewählte Kandidaten mit vergleichsweise schlechten Resultaten nicht in den Bundestag einziehen können. Das lehnt die Union strikt ab. Ob es am Ende trotzdem zum Kompromiss kommt, war gestern völlig offen. In der CSU ist man eher skeptisch.
Kurzarbeitergeld: Der erleichterte Anspruch auf Kurzarbeitergeld, das zudem noch aufgestockt wurde, gilt in der Corona-Krise als Wunderwaffe im Kampf gegen Massenentlassungen. Bislang ist dieses Kalkül aufgegangen. Die SPD will die bis zum Jahresende befristete Leistung nun sogar bis März 2022 verlängern. Das will die CDU im Prinzip auch, aber unter schärferen Bedingungen. So sollen Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge für ihre Kurzarbeiter nur noch dann weiter komplett vom Staat erstattet bekommen, wenn sie die Kurzarbeiter qualifizieren. Auch sollen bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes wieder die alten Konditionen gelten. Derzeit beträgt die Leistung je nach zeitlicher Dauer bis zu 87 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Davor waren es generell 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für Beschäftigte mit Kindern. Der CSU ist März 2022 eigentlich zu lang. Trotzdem dürfte es am Ende einen Kompromiss geben.
Überbrückungshilfe: Die Union will die bis Ende August befristeten Corona-Hilfen bis zum Jahresende verlängern. Von der Unterstützung profitieren vor allem Hotel- und Gaststättenbetreiber sowie Reiseveranstalter und der Kulturbereich. Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einer Höhe von insgesamt 150 000 Euro. Eine Einigung mit der SPD gilt hier als unproblematisch.
Weitere Maßnahmen: Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Corona-Hilfen, die nur befristet sind. So ist gegenwärtig die Insolvenzantragspflicht für in Schieflage geratene Unternehmen ausgesetzt, um ihnen eine Sanierung zu ermöglichen. Diese Praxis soll nun voraussichtlich bis zum Jahresende beibehalten werden. Auch der erleichterte Zugang zu staatlicher Grundsicherung (Hartz IV) soll zeitlich gestreckt werden, etwa um in Existenznot geratene Solo-Selbstständige zu unterstützen. Nach der aktuellen Regelung entfällt dazu vorübergehend die Vermögensprüfung. Auch die „Angemessenheit“ einer Wohnung spielt keine Rolle, um Hartz IV zu erhalten. Hier wird ebenfalls eine Verlängerung erwartet. STEFAN VETTER