Vergifteter Nawalny

Botschaften aus Berlin

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Er wurde also vergiftet. Und nun? Auch wenn der gesunde Menschenverstand den Kreml als Drahtzieher des Anschlags auf Alexej Nawalny ausmachen muss – erwiesen ist das nicht. Und es muss bezweifelt werden, dass der endgültige Beweis jemals geführt wird. Das macht es Berlin und Brüssel zum jetzigen Zeitpunkt schwer, eine geeignete Antwort zu finden. Was aber geht, ist, Druck auf Moskau auszuüben. In diesem Punkt hat sich die Bundesregierung bisher nicht schlecht geschlagen.

Es war nicht selbstverständlich, Wladimir Putins größte innenpolitische Reizfigur nach Berlin zu holen, trotzdem setzte sich die Kanzlerin dafür ein. Nach dem sehr eindeutigen Gift-Befund der Charité-Ärzte forderten sie und Außenminister Heiko Maas ungewohnt offensiv Aufklärung vom Kreml. Und auch die Bewachung Nawalnys durch das BKA hat eine politische Dimension. All das wirkt nicht so knallig wie etwa Sanktionsdrohungen. Trotzdem sendet Berlin – womöglich befeuert durch den Tiergartenmord, bei dem der Generalbundesanwalt von russischem Staatsterrorismus spricht – eine Botschaft an Putin: Wir lassen dir das nicht so einfach durchgehen.

Die Kreml-Klage über die deutsche „Eile“ ist nicht nur absurd, weil sich die russischen Ärzte bei ihrem gegenteiligen Befund auch recht schnell einig waren. Sie zeigt außerdem, dass Putin die Signale registriert hat. Er muss sich nun irgendwie dazu verhalten. So schnell wird er das Thema jedenfalls nicht los.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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