Athen/Ankara – Im Streit zwischen Griechenland und der Türkei um Seegebiete im Mittelmeer hat Bundesaußenminister Heiko Maas die beiden Nato-Partner eindringlich zu Gesprächen aufgerufen. „Was wir jetzt unbedingt und sofort brauchen, das sind Signale der Deeskalation und auch eine Bereitschaft zum Dialog“, sagte der SPD-Politiker nach Gesprächen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis und Außenminister Nikos Dendias in Athen. Die Lage im östlichen Mittelmeer habe sich zu einem „Spiel mit dem Feuer“ entwickelt. „Jeder noch so kleine Zündfunke kann zu einer Katastrophe führen.“
Von Athen flog Maas nach Ankara weiter. Die Bundesregierung versucht seit Wochen, im Streit um türkische Erdgaserkundungen vor griechischen Inseln im östlichen Mittelmeer zu vermitteln. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte mehrfach mit Mitsotakis und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Doch der Streit eskalierte weiter.
Zuletzt schloss Griechenland ein Abkommen mit Ägypten über Seegebietsgrenzen, was dazu führte, dass die Türkei auf den eigentlich schon geplanten Abzug ihres Forschungsschiffes verzichtete. Derzeit sucht das türkische Forschungsschiff „Oruc Reis“ begleitet von Kriegsschiffen nach Gas-Vorkommen südlich der türkischen Küste. Es kam bereits zu einem Zusammenstoß zwischen einem türkischen und einem griechischen Kriegsschiff, dennoch hielten beide Staaten am Dienstag Marinemanöver ab. Maas warnte, man befinde sich „in einer Phase, in der auch Unfälle zu einer militärischen Eskalation führen können“.
Den Zeitpunkt seiner Reise hat Maas mit Bedacht gewählt. Das Verhältnis zur Türkei wird auch ein Thema beim EU-Außenministertreffen am Donnerstag und Freitag in Berlin sein. Die EU will auf der einen Seite Griechenland und dem ebenfalls betroffenen EU-Mitglied Zypern Beistand leisten. Auf der anderen Seite befürchten etliche Mitgliedstaaten negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingspolitik.
Die EU reagierte bisher nur mit sehr verhaltenen Sanktionen. Der griechische Außenminister Dendias forderte am Dienstag eine deutliche Verschärfung. Dies sei notwendig, weil die Türkei eine „neo-osmanische Ideologie“ vertrete und „grenzenlosen Expansionismus“ im östlichen Mittelmeer betreibe. Erdogan hatte am Montagabend betont, sein Land werde „keinen Schritt zurückweichen“. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Dienstagabend nach dem Treffen mit Maas, man sei grundsätzlich zu Gesprächen mit Griechenland bereit – aber nicht, wenn die andere Seite Vorbedingungen oder Maximalforderungen stelle. Richtung Athen sagte er: „Wenn ihr einen falschen Schritt macht, dann werden wir diesmal ohne Bedenken tun, was nötig ist.“
Ankara argumentiert, das Gebiet gehöre zum türkischen Festlandsockel. Doch auch Griechenland erhebt aufgrund der vorgelagerten griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo Ansprüche. M. FISCHER/M. SCHMIDT/ T. TSAFOS/ A. HAASE