Berlin – Nach dem Verbot der Berliner Großdemonstration gegen die Corona-Politik der Bundesregierung sind bei der Polizei hunderte Ausweichdemos angemeldet worden. Für Samstag lägen „weit mehr als tausend“ Anmeldungen vor, bestätigte eine Sprecherin. Offenbar rief die Initiative Querdenken 711 Sympathisanten am Mittwoch dazu auf – wohl um das zuvor verhängte Verbot zu unterlaufen.
Zugleich reichte die Initiative einen Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht gegen das Verbot der Großkundgebung ein, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Mit einer Entscheidung sei am Freitagvormittag zu rechnen.
Die Senatsverwaltung hatte das Verbot unter anderem mit Erfahrungen aus der Vergangenheit begründet. Die Versammlungen vom 1. August hätten gezeigt, „dass die Teilnehmenden sich bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen hinweggesetzt haben“. Querdenken 711 erklärte, die Demos sollten in jedem Fall stattfinden. Die Anmelder erwarteten 20 000 Teilnehmer.
Berlins Innensenator Andreas Geisel erklärte, mehrere tausend Polizisten würden das Verbot durchsetzen. Zudem verteidigte der SPD-Politiker die Entscheidung. „Versammlungsfreiheit bedeutet ja nicht, dass man das Recht hat, gegen geltendes Recht zu verstoßen“, sagte er im RBB. Die Grundrechte Versammlungsfreiheit und Unversehrtheit des Lebens hätten gegeneinander abgewogen werden müssen. Geisel zeigte sich besorgt, dass es am Wochenende zu Gewalt durch Neonazis kommen könnte.
Nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz spielen Rechtsextremisten allerdings keine führende Rolle. Rechtsextremistische Parteien hätten vergeblich versucht, Einfluss zu nehmen, sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang dem ARD-Magazin „Kontraste“. Man sehe zwar „eine große Anzahl von Menschen, die den unterschiedlichsten Verschwörungstheorien anhängen“. Das sei aber alles im Bereich dessen, „was sich noch auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt“.
Auch deshalb stieß das Demo-Verbot auf Kritik. Carsten Linnemann (CDU) nannte die Entscheidung „selten dämlich“. FDP-Chef Christian Linder twitterte, das Verbot könne den Eindruck erwecken, „unbequeme Meinungen würden unterdrückt“.