GEORG ANASTASIADIS
Nicht jeder Versuchsballon, den besonders beflissene Virusjäger vor dem Berliner Corona-Gipfel haben steigen lassen, ist bis ins Kanzleramt geflogen: Eine generelle Maskenpflicht im Job wird es nach dem gestrigen Treffen der Ministerpräsidenten (erst mal) nicht geben. Dennoch läutet der Gipfel bei der Kanzlerin einen Schwenk in der Corona-Politik ein: Die Zeit der Lockerungsdebatten – Merkel geißelte sie ja als „Orgien“ – ist vorerst vorbei. Ab jetzt werden die Zügel wieder angezogen, richtigerweise regional differenziert, je nach Betroffenheit. Maskenpflicht soll für Schüler gelten, die in Gebieten mit höherer Corona-Dichte büffeln müssen. Doch schon bei der Frage, ob es, wie von der Kanzlerin gewünscht, bundeseinheitliche Teilnehmer-Obergrenzen für Feiern im Familien- und Freundeskreis geben soll, waren sich die Länderchefs wieder uneins. Die meisten sehen angesichts der noch immer überschaubaren Zahl neuer Infektionen, vor allem im Osten und im Norden, keinen Grund für „Verschärfungs-Orgien“.
Dem Bayern Markus Söder, der wie Merkel auf mehr Strenge und Einheitlichkeit drängte, wird das nicht gefallen. Doch heißt sein Hauptkontrahent aktuell nicht Armin Laschet, sondern Jens Spahn. Söders Klage, er erwarte künftig mehr vorausschauende Planung, war unüberhörbar an den Bundesgesundheitsminister adressiert, den die Urlaubszeit offenbar völlig unvorbereitet erwischt hatte. Immerhin soll Spahn jetzt die Praxis ändern, die Steuerzahler für die Quarantäne von Rückkehrern blechen zu lassen, die wissentlich in Hochrisikogebiete gereist sind. Das deutsche Infektionsschutzgesetz an dieser Stelle zu ändern, war der vielleicht wichtigste Beschluss des gestrigen Corona-Gipfels bei der Kanzlerin .
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