Tödliche Mischung auf Amerikas Straßen

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München/Kenosha – Auf Kenoshas Straßen kocht die Gewalt hoch. Nachdem Polizisten dort am Sonntag einem Schwarzen in den Rücken geschossen haben, wird in der Stadt im US-Bundesstaat Wisconsin demonstriert. Der Fall hat die nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im Frühjahr aufgeflammten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt neu angefacht. Dass es dabei auch zu Ausschreitungen kommt, nehmen schwer bewaffnete Zivilisten zum Anlass, neben der Polizei und der Nationalgarde selbst für Sicherheit sorgen zu wollen. Einer von ihnen, der 17-jährige Kyle R., soll in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) zwei Menschen erschossen und einen weiteren verletzt haben. Anhand zahlreicher Videos von den Vorfällen, die im Internet kursieren, hat die „New York Times“ versucht, das Geschehen grob zu rekonstruieren.

Auf Aufnahmen, die rund zwei Stunden vor den tödlichen Schüssen gemacht wurden, erzählt der 17-Jährige demnach, dass er mit seiner Waffe auf der Straße sei, um einen Autohandel zu schützen. In einem weiteren Video, das laut der „Times“ nur 15 Minuten vor den Schüssen entstand, erhalten er und andere Bewaffnete sogar Wasserflaschen und anerkennende Worte von der Polizei.

Kyle R. unterhält sich mit Polizisten, sein Gewehr trägt er dabei an seinem Körper. Er verlässt schließlich das Autohandel-Gelände und wird laut „Times“ von der Polizei daran gehindert, wieder zurückzukehren.

Das nächste Video – laut „Times“ sechs Minuten später aufgenomen – zeigt, wie der 17-Jährige von Unbekannten auf einen Parkplatz gejagt wird. Ein weiterer Unbekannter schießt einige Meter weiter mit einer Pistole in die Luft, wie die „Times“ aus dem im Video sichtbaren Mündungsfeuer schließt. Kyle R. dreht sich demnach in die Richtung, aus der der Schuss kommt, ein anderer Mann läuft auf ihn zu, Kyle R. schießt vier Mal und trifft den Mann offenbar in den Kopf. Dann scheint er kurz zu telefonieren und flieht.

Weitere Aufnahmen zeigen, wie der junge Schütze anschließend von mehreren Menschen verfolgt wird. Er fällt hin. Drei Menschen nähern sich dem Liegenden, er schießt vier Mal. Einen trifft er aus nächster Nähe in die Brust. Ein anderer – der dem Artikel zufolge selbst eine Schusswaffe in der Hand hält – wird offenbar in den Arm getroffen und läuft davon. Laut der „Times“ sind neben den von Kyle R. abgefeuerten Schüssen noch 16 weitere auf dem Video zu hören. Was zwischen den Aufnahmen passiert ist, ist ungeklärt.

Kyle R. wird später festgenommen. Er soll wegen Mordes angeklagt werden. Der Teenager zeigte sich auf seinen – inzwischen zum Teil gelöschten – Accounts in sozialen Medien der Website „Buzzfeed“ zufolge oft mit Waffen und als Unterstützer der Polizei sowie von US-Präsident Donald Trump. Ein Video soll Kyle R. bei einer Trump-Kundgebung im Januar in der vordersten Reihe zeigen.

Unterdessen verspricht Vizepräsident Mike Pence den Amerikanern Recht und Ordnung bei einer Wiederwahl von Präsident Donald Trump. „Wir werden auf den Straßen dieses Landes für jeden Amerikaner jeder Rasse, jeden Glaubens und jeder Hautfarbe Recht und Ordnung haben“, sagte Pence im historischen Fort McHenry bei Baltimore bei seiner Ansprache zum Parteitag der Republikaner. Bei den Protesten handele es sich um „Gewalt und Chaos in unseren Städten, nicht um friedliche Demonstrationen“. Dies müsse aufhören. Die Trump-Regierung werde die Sicherheitskräfte und die Minderheiten im Land für vier weitere Jahre unterstützen.  mit dpa

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