Brüssel/Dublin – Corona-Regeln gelten für alle: Nach dem Rücktritt ihres Handelskommissars Phil Hogan wegen Missachtung von Pandemie-Auflagen hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gestern deutlich gemacht, dass sie den Schritt für unausweichlich hielt. Wer den wichtigen Posten des Iren auf Dauer bekommt, ließ sie zunächst offen. Irland soll möglichst eine Frau und einen Mann als Kandidaten präsentieren. Auf der Insel ist die Nachfolgedebatte im vollen Gange.
Hogan war wegen Verstößen gegen irische Vorgaben zur Eindämmung der Corona-Pandemie am Mittwochabend zurückgetreten. Von der Leyen dankte dem 60-Jährigen ausdrücklich für seine „unermüdliche und erfolgreiche Arbeit“, auch als Agrarkommissar in den fünf Jahren bis 2019.
Hogan hatte bei einem Heimatbesuch in Irland vom 31. Juli bis 22. August aus Sicht der irischen Regierung mehrere Pandemie-Auflagen verletzt, darunter Quarantänepflichten und Bewegungseinschränkungen. Die Affäre begann mit einem Dinner in einem Golfclub, an dem etwa 80 Personen teilgenommen hatten – weit mehr als zulässig. Hogan hatte sich tagelang verteidigt und Vorwürfe nur nach und nach eingeräumt.
Das Amt des Handelskommissars gilt als besonders wichtig, weil die EU für die Handelspolitik aller 27 Mitgliedsstaaten zuständig ist und Abkommen mit Partnern in aller Welt aushandelt. Wichtige anstehende Themen sind die wirtschaftlichen Beziehungen mit Großbritannien nach dem EU-Austritt des Landes (Brexit), der Handelsstreit mit den USA und die Kontroverse über das noch nicht ratifizierte Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten.
Da alle 27 Staaten mit Kommissaren in der mächtigen Brüsseler Exekutive vertreten sind, hat Irland nun ein Vorschlagsrecht. Ob die neue Person wieder das Ressort Handel bekommt, liegt bei von der Leyen.