Ankara droht Athen mit Krieg

von Redaktion

Ankara/Athen – Die Türkei hat Griechenland für den Fall einer Ausdehnung seiner Territorialgewässer in der Ägäis offen mit einer militärischen Auseinandersetzung gedroht. „Wenn das kein Kriegsgrund ist, was denn sonst?“, sagte Vizepräsident Fuat Oktay der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu verwies am Samstagabend auf eine Parlamentsentscheidung seines Landes aus den 90er Jahren, das eine Ausdehnung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis zum Kriegsgrund erklärt hatte. Diese Entscheidung sei auch heute noch gültig, betonte Cavusoglu im Sender A Haber.

Athen wies die Äußerungen als „Größenwahn“ zurück. Der griechische Energieminister Kostis Chatzidakis sagte gestern im Sender Skai, die Türkei betreibe mit Kriegsdrohungen eine Politik wie im 19. Jahrhundert.

Ankara reagierte mit den Drohungen auf die Ankündigung Griechenlands vom Mittwoch, seine Hoheitszone im – Italien zugewandten – Ionischen Meer von sechs auf zwölf Seemeilen auszudehnen. Über ein solches Vorhaben auch in der Ägäis sprach der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis nicht. Athen will Ankara mit der begrenzten Ausdehnung nur im Westen nicht provozieren. Griechenland behält sich zwar das Recht vor, nach internationalem Recht auch anderswo seine Hoheitsgewässer auszudehnen, wann und wo ist aber unklar.

Bereits 1995 hatte das türkische Parlament eine Ausdehnung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis zum Kriegsgrund für die Türkei erklärt. Sollte dieser Fall eintreten, würde die Ägäis wegen der zahlreichen griechischen Inseln quasi zu einem griechischen Meer. Ankara könnte dann einen Krieg beginnen, ohne eine neue Genehmigung des Parlaments einzuholen.

Die Türkei und Griechenland überziehen sich seit Wochen mit Vorwürfen. Hintergrund ist der Streit um vermutete Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Die Türkei erkundet dort den Untergrund in Seegebieten, die von Zypern oder Griechenland beansprucht werden. Der Einsatz des türkischen Seismischen Forschungsschiffes „Oruc Reis“ soll bis Dienstag andauern. Zudem haben die Türken mit einem neuen Militärmanöver im östlichen Mittelmeer begonnen. Die türkische Marine kündigte dabei „Schießübungen“ in einem Gebiet zwischen der südtürkischen Stadt Anamur und Nordzypern an, die bis zum 11. September dauern sollten.

Die EU-Außenminister hatten am Freitag Ankara ultimativ zum Dialog mit Griechenland aufgerufen. Andernfalls könne der EU-Sondergipfel am 24. September über weitere Strafmaßnahmen gegen die Türkei diskutieren. Der türkische Außenminister Cavusoglu sagte dazu: „Mit Sanktionen wird diese Sache nicht gelöst.“ Europa müsse ein ehrlicher Vermittler sein. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief beide Partner zum Dialog auf.

Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums fingen türkische Kampfjets vor dem Wochenende sechs griechische Flugzeuge ab und zwangen sie zur Umkehr. Die griechischen Flugzeuge hatten sich demnach auf dem Weg in das Mittelmeergebiet befunden, in dem die „Oruc Reis“ derzeit nach Erdgas sucht.

Griechenlands nationale Verteidigungsbehörde HNDS erklärte wiederum, am Freitag seien türkische Kampfflugzeuge in eine von Griechenland überwachte Flugzone eingedrungen. Der Vorfall habe sich ereignet, als vier griechische F-16-Jets ein US-Kampfflugzeug eskortiert hätten. Dieses gehörte den Angaben zufolge zur Mission „Allied Sky“, bei der US-Kampfflugzeuge durch alle 30 Nato-Länder in Europa und Nordamerika fliegen, um die Solidarität der Bündnisstaaten zu demonstrieren, zu denen sowohl Griechenland als auch die Türkei zählen. Griechenland verurteilte das Eindringen der türkischen Flugzeuge als „provokativ“. Sie seien von eigenen Kampfflugzeugen aus dem griechischen Luftraum vertrieben worden.

Artikel 2 von 11