Salzburger Festspiel-Bilanz

Kleinmut der Kulturpolitik

von Redaktion

MARKUS THIEL

Bis zur endgültigen Gewissheit, bis wirklich alle Infektionsfristen verstrichen sind, dauert es noch ein paar Tage. Und doch lässt sich schon jetzt sagen: Die Salzburger Festspiele haben allen getrotzt. Den Unkenrufern, die aus Unkenntnis über den Verlauf eines Theater-, Konzert- oder Opernabends ein „Ischgl der Klassik“ beschworen, und den Kulturpolitikern, bei denen der Kleinmut größer ist als der Mut. Ja, das ist das Ergebnis nach diesen vier Wochen, 110 Veranstaltungen, 3600 Corona-Tests und dank eines bemerkenswert krisenbewussten Publikums: Kultur ist möglich – unter bestimmten Voraussetzungen.

Salzburg sendet damit ein Signal, dem sich keiner mehr verschließen kann. Es geht ja gar nicht darum, alle 2100 Plätze des Münchner Nationaltheaters oder alle 2400 der Philharmonie zu füllen. Doch zwischen Schwarz und Weiß, zwischen den Augen und Ohren verschließenden Entscheidungsträgern besonders in Bayern und totaler Sorglosigkeit, gibt es ein weites Handlungsfeld – und eine Fülle von bereits ausgearbeiteten Konzepten.

Andere (Bundes-)Länder haben dies längst vorgeführt. Auch weil sie wissen, dass sich die Engstellen am Obstregal im Supermarkt und gut gefüllte U-Bahnen nicht mehr mit gähnend leeren Theaterreihen vereinbaren lassen. Dass es nun im Kulturbereich, dem der totale Zusammenbruch droht, einen Lichtblick gibt und Bayern in der Staatsoper 500 Besucher als Pilotversuch zulässt, ist erfreulich – und kann doch nur ein Anfang sein.

Markus.Thiel@ovb.net

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