Istanbul – Wer glaubte, der Ton im Streit um Erdgas im Mittelmeer könne nicht aggressiver werden, sieht sich zu Beginn dieser Woche eines Besseren belehrt. „Wir fliehen nicht vor dem Kampf. In diesem Kampf schrecken wir nicht davor zurück, Märtyrer und Veteranen zu hinterlassen“, droht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Richtung Griechenland und dessen Unterstützern. Die Frage sei: „Sind diejenigen, die sich derzeit im Mittelmeer und Umgebung gegen uns stellen, zu den gleichen Opfern bereit?“
„Akzeptiert das griechische Volk etwa das, was ihnen wegen ihren habgierigen und inkompetenten Führern widerfahren wird?“, fragte er weiter. „Weiß das französische Volk, welchen Preis es wegen ihrer habgierigen und inkompetenten Führer bezahlen wird?“
Erdogan reagierte mit den Äußerungen offensichtlich auf die Ankündigung Griechenlands, sein Hoheitsgebiet im Ionischen Meer von sechs auf zwölf Seemeilen auszudehnen. Davon ist die Türkei zwar nicht betroffen, in Ankara wurde die Nachricht allerdings als Signal gewertet, dass Griechenland auch eine Zwölf-Meilen-Zone rund um seine nahe der Türkei gelegenen Inseln ausweisen könnte. „Das wäre ein Grund für einen Krieg, der Casus Belli“, sagte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu.
Was ist bloßes Säbelrasseln und was ernst gemeint? Je weiter der Konflikt um Erdgas-Erkundungen im Mittelmeer eskaliert, desto unsicherer ist das. Durch die Demonstration militärischer Macht wolle die Türkei sich die Dominanz in der Region sichern, kommentiert Hürcan Asli Aksoy, stellvertretende Leiterin des Centrums für angewandte Türkeistudien an der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Türkei strebe zudem seit Jahren danach, eine zentrale Rolle in der Energieversorgung einzunehmen, sagt Simon Schulte vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Uni Köln.
Griechenland wirft Ankara dagegen „grenzenlosen Expansionismus“ vor und bezichtigt die türkische Führung, vor griechischen Inseln illegalanch Erdgas zu suchen. Die Türkei weist die Vorwürfe zurück. Sie beansprucht die Gebiete für sich.