Maas und Wang auf Konfrontationskurs

von Redaktion

Zum Abschluss einer langen Europa-Reise macht der chinesische Außenminister Station in Berlin

Berlin – Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die Hongkong-Politik Chinas beim Besuch seines Amtskollegen Wang Yi in Berlin mit deutlichen Worten kritisiert. Außerdem wies er am Dienstag die chinesischen Drohungen gegen den tschechischen Parlamentarier Milos Vystrcil wegen dessen Taiwan-Reise zurück und forderte eine unabhängige Beobachtermission der Vereinten Nationen zur Lage der muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang. Wang verbat sich eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas. Sein Besuch wurde von Protesten begleitet, an denen auch Bundestagsabgeordnete und ein prominenter Hongkong-Aktivist teilnahmen.

Der chinesische Außenminister beendete in Berlin seine erste Auslandsreise seit Beginn der Grenzschließungen wegen der Corona-Krise vor einem halben Jahr. Eine Woche war er in Europa unterwegs und besuchte Italien, Frankreich, die Niederlande und Norwegen, bevor er nach Berlin kam. Dabei war er unter anderem dadurch aufgefallen, dass er den Norwegern Ratschläge für die Verleihung des Friedensnobelpreises gab und – kurz vor seinem Gespräch mit Maas – die Taiwan-Reise des Präsidenten des tschechischen Senats, einer von zwei Parlamentskammern, scharf kritisierte.

Vystrcil werde für sein „kurzsichtiges Verhalten“ einen „hohen Preis“ zahlen müssen, sagte er. Das Ein-China-Prinzip infrage zu stellen bedeute, sich zu einem Feind der 1,4 Milliarden Chinesen zu machen. Maas wies diese Kritik auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Wang auf offener Bühne zurück. Die EU agiere in der Außenpolitik „in engem Schulterschluss“ und begegne ihren Partnern mit Respekt, sagte der SPD-Politiker. „Wir erwarten dasselbe genauso umgekehrt. Und Drohungen passen dazu nicht.“ Wang bekräftigte seine Kritik an der Taiwan-Reise und sprach von einem „öffentlichen Affront“ sowie von der Überschreitung einer roten Linie.

Die mit 50 Minuten außergewöhnlich lange Pressekonferenz der beiden Außenminister verlief auch sonst ziemlich konfrontativ. Auf die Frage, wie China angesichts seines Agierens gegenüber Hongkong oder den Uiguren Vertrauen zu den Europäern aufbauen wolle, antwortete Wang rekordverdächtige 14 Minuten. Im Kern verbat er sich dabei jede Einmischung von außen. „Egal ob Hongkong oder Xinjiang: Beides fällt in die Kategorie China-interner Angelegenheiten“, sagte er laut offizieller Übersetzung. „Wir wollen da keine fremde Einmischung in die chinesische Gesellschaft.“

Maas forderte eine Rücknahme des Sicherheitsgesetzes und eine möglichst schnelle und ungehinderte Wahl. „Wir wollen, dass das Prinzip „ein Land, zwei Systeme, in vollem Umfang angewandt werden kann“, sagte der Außenminister. Er verwies auch darauf, dass die EU mit einem „gemeinsamen Werkzeugkasten“ für Sanktionen auf das Sicherheitsgesetz und die Wahlverschiebung reagiert habe. Zu möglichen weiteren Sanktionen, die aus der Opposition gefordert werden, äußerte er sich aber nicht. MICHAEL FISCHER

Artikel 1 von 11