„Nord Stream 2 muss gestoppt werden“

von Redaktion

Ex-CSU-Chef Erwin Huber über den Fall Nawalny und mögliche Konsequenzen für Putin

Herr Huber, Manfred Weber denkt über ein Ende von Nord Stream 2 nach – Markus Söder sagt, man müsse Geschäft und Politik trennen. Wer hat Recht?

Ich bin der Meinung, dass Nord Stream 2 gestoppt werden sollte. Es sprechen sehr starke politische, wirtschaftliche und auch ökologische Gründe gegen das Projekt.

Wäre es nicht im Gegenteil zu unserem Schaden? Wir brauchen Gas schon wegen der Energiewende…

Ich widerspreche der Legende, Gas sei ein umweltfreundlicher Energieträger. Aus der Kohle auszusteigen und sie durch Gas zu ersetzen, ist ein Widerspruch. Zweitens begeben wir uns in eine zu starke politische Abhängigkeit von Russland. Nord Stream 2 spaltet Europa und treibt einen Keil zwischen Deutschland und die USA. Putin ist den Preis nicht wert, den wir politisch für das Projekt zahlen.

Nawalny ist nicht der erste Beleg dafür, wie der Kreml mit Kritikern umgeht. War Berlin bisher zu naiv im Umgang mit Putin?

Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass wir auf eine vernünftige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Russland setzen. Allerdings hat sich Putin eben nicht als vertrauensvoller Partner erwiesen, denken Sie an die Ukraine, Syrien oder Belarus. Uns jetzt auch noch zu unterstellen, Nawalny sei in Deutschland vergiftet worden, ist bodenlos.

Trotz allem hält die Kanzlerin an der Pipeline fest…

Ich bin normalerweise auch gegen eine Moralisierung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. Aber Nord Stream 2 ist ein strategisches Projekt. Und wenn man sieht, wie in Osteuropa die Animositäten gegen Deutschland gestiegen sind, kann es nur eine Konsequenz geben. Wir müssen das Projekt ja nicht sofort stoppen, in einer Kooperation in Europa wäre es sicher besser.

Die Rolle des Kreml im Fall Nawalny wird sich wohl nicht endgültig klären lassen. Sehen Sie die Gefahr, dass Putin ungeschoren davonkommt?

Das hängt davon ab, ob Europa stark genug ist, zu sagen: Jetzt reicht es. Wenn wir uns als Faktor der Weltpolitik ernst nehmen, müssen wir jetzt handeln. Tun wir das nicht, müssen wir uns aus der Weltpolitik verabschieden.

Müssen sich die Beziehungen zu Russland grundlegend ändern?

Wir sollten natürlich nicht alle Beziehungen kappen. Aber gutes Zureden hilft bei Putin nicht, sondern nur schmerzliche Maßnahmen.

Interview: Marcus Mäckler

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