Drastische Steuerverluste

von Redaktion

Dem Freistaat fehlen bis Ende 2022 fast zwölf Milliarden Euro

München – Er sei „immer Optimist“, sagt Albert Füracker, doch die Zahlen, die Bayerns Finanzminister am Freitag präsentiert, können auch dem glühendsten Optimisten die Laune trüben. Die jüngste Steuerschätzung fällt in Teilen zwar glimpflicher aus als befürchtet, insgesamt aber trotzdem drastisch. Die 4,2 Milliarden Euro, die dem Freistaat für 2020 nach jetzigem Stand an Steuereinnahmen durch die Corona-Krise fehlen, sind ein geringeres Minus als bei der Erhebung im Mai vorhergesagt. Was die kommenden Jahre angeht, ist es dagegen umgekehrt: Im nächsten Jahr droht ein Rückgang von vier Milliarden Euro, 2022 weitere 3,6 Milliarden. Schlimmer als erwartet.

Das Wort, das der Finanzminister deshalb am häufigsten gebraucht, lautet „Herausforderung“. Die 11,8 Milliarden, die dem Freistaat bis Ende 2022 entgehen, bedeuten den größten Verlust seit dem Zweiten Weltkrieg. Füracker kündigt an, dass Bayern auch im kommenden Jahr die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse wird aussetzen müssen. Wie hoch die Neuverschuldung ausfallen wird, hängt von der nächsten Steuerschätzung in zwei Monaten ab. Auf deren Grundlage soll anschließend der nächste Doppelhaushalt erarbeitet werden.

Vom Landtag hatte sich die Staatsregierung die Kreditaufnahme von 20 Milliarden Euro für den Sonderfonds Corona genehmigen lassen. Für Hilfsprogramme und die Kompensation der Steuerverluste sind aus diesem Topf bisher rund 14 Milliarden vorgesehen. Den Rahmen vollständig auszuschöpfen, hält Füracker nicht für nötig. Gleichzeitig schließt er aus, bei geplanten Investitionen Kürzungen vorzunehmen. Man wolle „stabilisieren und stimulieren“ sagt er, auch mit Blick auf Projekte wie die Hightech-Agenda, die beschleunigt werden soll. „Es ist nicht sinnvoll, gegen die Krise anzusparen.“

Mit den düsteren Zahlen liegt Bayern im Trend. Einen Tag zuvor hatte das Bundesfinanzministerium mitgeteilt, dass Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit fast 20 Milliarden Euro Steuereinnahmen weniger auskommen müssen als erwartet. Zugute kommen dem Freistaat immerhin die sehr guten Konditionen auf dem Kapitalmarkt. Als einziges Bundesland erhielt er kürzlich von der Agentur Standard & Poor’s erneut das Spitzenrating.

Weil das Hauptziel der Staatsregierung darin bestehe, „dass die Wirtschaft in Schwung kommt“, lehnt Füracker Steuererhöhungen vehement ab. Er ist der Meinung, „dass wir sogar die Möglichkeit hätten, Steuern zu senken“, speziell mit Blick auf den Solidaritätszuschlag, den zehn Prozent der Bundesbürger trotz weitgehender Abschaffung auch 2021 ganz oder teilweise zahlen. Was diesen Punkt betrifft, bleibt Füracker auch in der Krise Optimist. MARC BEYER

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