Ruf nach Iran-Sanktionen

von Redaktion

VON FARSHID MOTAHARI UND CHRISTIAN HOLLMANN

Schiras – Der weltweite Protest wird immer schärfer, die Rufe nach Sanktionen immer lauter. Der Ringer Navid Afkari ist in Iran hingerichtet worden. Trotz der Solidaritätswelle aus dem Ausland. Der 27-Jährige sei am Samstag im Gefängnis Adel-Abad in der südiranischen Stadt Schiras exekutiert worden, sagte der Leiter der Justizbehörde der Fars Provinz, Kasem Mussawi, dem staatlichen Fernsehen.

Afkaris Todesurteil hat auf der ganzen Welt Entrüstung ausgelöst – aber weder die Kampagne „Rettet Navid Afkari“ noch ein Tweet von US-Präsident Donald Trump haben den Iran zum Umdenken bewegen können. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) teilte mit, es sei „schockiert“ über die „sehr traurige Nachricht“. IOC-Präsident Thomas Bach habe zuvor per Brief Gnadengesuche an die politische Führung des Iran gerichtet. Wie schon zuletzt erwähnte das IOC aber auch, dass es die Souveränität des Landes respektiere. Von möglichen Sanktionen gegen den Iran ist nicht die Rede. Schon vor der Hinrichtung Afkaris hatten Sportler und Organisationen das IOC ermahnt, den Druck auf den Iran zu erhöhen und das Land aus der globalen Sportgemeinschaft auszuschließen.

Nach Angaben der iranischen Justiz hatte Afkari bei einer Demonstration vor zwei Jahren in Schiras einen Sicherheitsbeamten getötet. Er habe die Tat gestanden, hieß es. Der Sportler, seine Familie und Menschenrechtsorganisationen behaupten aber, das Geständnis sei durch Folter erzwungen worden. Das Todesurteil war zuvor auch vom obersten Gerichtshof bestätigt worden. Der Iran wies die Kritik aus dem Ausland zurück und lehnte sie als Einmischung in innere Angelegenheiten ab.

Die Menschenrechts-Organisation Amnesty International konterte, die Hinrichtung „nach einem unfairen Prozess ist ein Hohn für die Gerechtigkeit und verlangt nach sofortigen internationalen Maßnahmen“. Wie das IOC ließ auch der Ringer-Weltverband wissen, es sei „zutiefst verstörend“, dass alle Proteste von Sportlern und die Bemühungen internationaler Verbände nicht zum Ziel geführt hätten. Auch der Verein Athleten Deutschland teilte mit, man sei über die Hinrichtung „zutiefst betroffen und schockiert“.

Die Hinrichtung fand nach Behördenangaben in Anwesenheit der Opferfamilie statt. Afkari habe einen unschuldigen Menschen ermordet und das Urteil gegen ihn im Iran laute nicht Todesstrafe, sondern „Ghissas“, sagte Justizsprecher Gholam-Hussein Ismaili. „Ghissas“ – das ist im islamischen Recht das Prinzip der Vergeltung, Blutrache oder Auge um Auge. Darüber kann die Familie der Opfer entscheiden.

Afkaris Anwalt Hassan Junessi war offenbar vorab nicht über die bevorstehende Hinrichtung informiert worden. „Zumindest hätte die Justiz eine letzte Begegnung Afkaris mit seiner Familie erlauben sollen“, twitterte er. In der Stadt Schiras seien zuletzt Spenden für die Familie des getöteten Beamten gesammelt worden. Mit diesem Blutgeld sollte die Familie dazu gebracht werden, von der Todesstrafe abzusehen.

In den sozialen Netzwerken verurteilten tausende Iraner die Hinrichtung. Viele Nutzer forderten die Außenminister Deutschlands, Großbritanniens und Italiens auf, ihre für nächste Woche geplanten Treffen mit dem iranischen Chefdiplomaten Mohamed Dschawad Sarif abzusagen und ihn gar nicht in ihre Länder zu lassen.

Afkari wurde unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in der Nacht zum Sonntag beerdigt. Laut dem Menschenrechtsaktivisten Mehdi Mahmudian, der auch ein Freund der Familie Afkaris ist, durfte seine Familie nicht dabei sein.

Afkaris Brüder, die ebenfalls an den Protesten teilgenommen haben, wurden zu 54 und 27 Jahren Gefängnis und je 74 Peitschenhieben verurteilt.

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