München – Die AfD im Landtag hat ihre Klausur nach einem offenen Streit unter den Abgeordneten abgebrochen. Die Parlamentarier warfen sich untereinander „Paranoia“ und Intransparenz vor. Sie einigten sich auch am zweiten Tag ihrer Beratungen noch nicht auf eine Tagesordnung. Die Spaltung der Fraktion ist unüberbrückbar.
Die Klausur, wegen Corona nur in den Sälen des Münchner Maximilianeums, sollte die zerstrittenen Abgeordneten wieder zueinander bringen. Seit 2018 erschüttern Querelen die 20-köpfige Fraktion. Aktuell ist sie in zwei Lager zerfallen. Der Vorstand um die Doppelspitze aus Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn hat eine Mehrheit von zwölf Abgeordneten gegen sich. Diese Mehrheit ist aber gerade nicht groß genug, um den Vorstand satzungsgemäß seiner Ämter zu entheben. Es entsteht eine Art Patt.
In der Klausur führte das dazu, dass sich beide Seiten am Dienstag und Mittwoch nicht mal auf eine Tagesordnung verständigten. Mit 46 Anträgen wollte die Zwölfer-Gruppe die politische Agenda bestimmen. Der Vorstand erklärte, so schildert es die Gruppe, jeden einzelnen für unzulässig. Es ging um Inhalte, aber auch um brisante Personalien. Unter anderem wollten die zwölf die Ausschussposten im Landtag und im Ältestenrat neu vergeben, um Ebner-Steiner aus dem einflussreichen Haushaltsausschuss abzuziehen.
„Aus Angst um die letzten Pfründe“ habe der Vorstand die Klausur platzen lassen, sagte der Bildungspolitiker Markus Bayerbach, der einer moderateren Strömung in der AfD zugerechnet wird. „Es herrscht gewisse Paranoia vor der Mehrheit.“ Er rügt fehlende Transparenz bei den Fraktions-Finanzen und in der Kommunikation.
Der Fraktionsvorstand bemühte sich, die Konflikte herunterzuspielen. „Wir bedauern sehr, dass es trotz unserer konstruktiven Angebote zum Abbruch der Tagung gekommen ist“, verbreiteten Ebner-Steiner und Hahn in einer Mitteilung. Der Vorstand habe dann alleine weiter getagt.
Die Zukunft der Fraktion ist offen. Regulär steht eine Neuwahl der Fraktionsspitze erst im Herbst 2021 an. Die Zwölfergruppe hat noch kein Rezept, um das früher zu erzwingen. Eine Teilung der Fraktion ist möglich – dann aber, so schreiben es die internen Landtagsregeln vor, dürfen die Zwölf keine eigene neue Fraktion gründen. Fraktionslos weiterzuarbeiten, ist zwar möglich, aber mit enormen finanziellen und personellen Einbußen verbunden.
Zudem sind Ebner-Steiners Gegner in sich keine homogene Gruppe. Einzelne gelten als nahe zum inzwischen aufgelösten rechtsnationalen „Flügel“ der AfD, andere als moderat. Zur Runde zählen unter anderem die oberbayerischen Abgeordneten Andreas Winhart, Uli Henkel und Franz Bergmüller. Sich selbst betrachtet die Runde als „Die Vernünftigen“, Fraktionsmitarbeiter schimpfen über das „dreckige Dutzend“.
Zwei Parlamentarier hatten der Fraktion bisher den Rücken gekehrt. Bayerbach schließt auf Nachfrage einen Austritt aus. „Im Notfall stehe ich das eine Jahr durch, dann gibt es eh Neuwahlen. Politik ist kein Ponyhof.“
Die inhaltlichen Anträge sollen nun in den regulären Fraktionssitzungen wieder auf den Tisch kommen. Ums Personal geht es eher hinter den Kulissen. Dem Vernehmen nach laufen Versuche des Vorstands, einzelne aus der Zwölfer-Gruppe umzustimmen, indem ihnen Vorstandsposten angeboten werden. Der Streit dürfte auch auf dem Landesparteitag am 26. September in Greding für Gesprächsstoff sorgen. C. DEUTSCHLÄNDER/M. MÄCKLER