Das Rezept für die kalte Jahreszeit

von Redaktion

VON SASCHA MEYER UND KLAUS RIMPEL

Berlin/München – Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen wächst die Anspannung vor dem nahen Herbst und Winter. Die Bundesregierung ruft zu „höchster Achtsamkeit“ auf und bereitet weitere Regelungen vor, die auch auf mehr Testmöglichkeiten zielen. Politik und Bürger hätten es jetzt in der Hand, „ob sich die Infektionszahlen wieder unkontrolliert ausbreiten“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Deutschland sei „in einer Phase der Pandemie, in der sich entscheiden wird, wie wir in diese Winter- und Herbstmonate hineingehen“.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will in der kommenden Woche erneut mit den Ministerpräsidenten der Länder über den weiteren Kurs beraten. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) kündigte in einer Besprechung mit den Chefs der Staatskanzleien eine entsprechende Videokonferenz für den 29. September an, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Hintergrund sei, dass mehrere große Städte die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche überschritten hätten – ab dann sehen die Vereinbarungen von Bund und Ländern vorerst regionale Krisenmaßnahmen vor. Besonders betroffen sind unter anderem etwa Hamm (70,9), Würzburg (61), der Kreis Cloppenburg (59,1) und München (52,3). Seibert sagte, nach der Ferienzeit komme es „vermehrt zu Ansteckungen und Übertragungen innerhalb Deutschlands“.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wirbt deshalb für sogenannte Fieberambulanzen, an die sich Patienten mit Atemwegssymptomen von Corona und Grippe wenden können. „Ich setze darauf, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen solche zentralen Anlaufstellen vor Ort anbieten werden“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Konzeptionell gibt es die schon – sie sollten im Herbst idealerweise flächendeckend zugänglich sein.“

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) zeigt sich von Spahns Vorstoß jedoch überrascht: „Im Vorfeld gab es keine entsprechenden Informationen oder auch Abfragen durch das Bundesgesundheitsministerium. Insofern können wir auch noch nicht einschätzen, inwiefern der Bundesgesundheitsminister dieser Aussage eine entsprechende Rechtsverordnung folgen lässt, was für die Frage nach der Übernahme der Kosten von Bedeutung wäre.“ Nach Ende des Katastrophenfalls sei die Versorgung von Corona-Patienten wieder in die Regelversorgung übergegangen „und kann auch im Schwerpunkt durch die Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte gewährleistet werden“, so die KVB weiter.

Die weitere Corona-Strategie der Bundesregierung hat mehrere Schwerpunkte:

Corona-Tests: Ein neu ausgerichteter Testplan soll bis 15. Oktober umsetzungsbereit sein, wie Seibert sagte. Tests sollen dafür stärker auf Risikogruppen und das Gesundheitswesen konzentriert werden – weniger auf Reiserückkehrer. Bestandteil sein sollen auch Antigen-Schnelltests als Ergänzung zu den PCR-Tests mit Abstrichen, die ins Labor müssen. Die Schnelltests seien mittlerweile qualitativ besser, so Spahn.

Reiserückkehrer: Um falsche Angaben bei Einreisen aus Risikogebieten mit vielen Corona-Infektionen zu verhindern, soll die Bundespolizei sich künftig um die sogenannten Aussteigekarten kümmern. Sie müssen zum Beispiel Fluggäste ausfüllen und darin auch Angaben zu möglichen Corona-Symptomen machen.

Pflegeheime: Derzeit betreffen viele Corona-Fälle eher junge Leute. Auch die Bundesregierung stellt sich darauf ein, dass mehr Risikogruppen in den Blick rücken könnten. Die Gefahr für Pflegebedürftige steige, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. „Um für den Herbst gewappnet zu sein, braucht es vor Ort schnelle und flexible Corona-Einsatzteams.“ Bei Infektionsausbrüchen in Heimen könnte das Pflegepersonal von externen Kräften unterstützt werden. „Es darf sich nicht wiederholen, dass infizierte Pflegekräfte weiterarbeiten“, so Brysch.

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