München – Sollten Patienten mit Atemwegs-Symptomen in spezielle „Fieberambulanzen“ gehen – um dort auf das Coronavirus getestet zu werden? Die Politik diskutiert über diesen Vorschlag, den Gesundheitsminister Jens Spahn ins Spiel bringt. Doch was halten Hausärzte davon?
„Die Grundidee, Patienten mit Atemwegsbeschwerden aus der Praxis rauszuhalten, um andere zu schützen, ist gut“, sagt Prof. Jörg Schelling, Hausarzt in einer Gemeinschaftspraxis in Martinsried bei München. In den meisten Praxen sei es schwierig, Patienten zu separieren, weil die Räume dazu fehlen. In der Martinsrieder Praxis müssten sich Patienten mit Symptomen aktuell erst in einem Labor testen lassen, das wenige hundert Meter entfernt liege.
Eine strikte Trennung ist wichtig, damit auch Patienten mit Tumorleiden oder chronischen Erkrankungen sicher versorgt werden können. Der Vorschlag des Ministers würde das vereinfachen – vor allem, wenn bald mehr Patienten mit Schnupfen, Husten und Fieber in die Praxen drängen.
Schelling sagt aber auch: „Die Idee ist nicht neu.“ Schon im Frühjahr hätten Hausärzte mühevoll Corona-Bereitschaftspraxen aufgebaut und gemeinsam betrieben. Kaum waren sie fertig, sanken die Infektionszahlen, der Betrieb wurde eingestellt. Jetzt im Herbst könne man Strukturen und Erfahrungen wieder nützen. Und: „Fieberambulanz“ sei daher wohl nur eine neue Bezeichnung für das, was man schon hatte. Schelling plädiert dafür, solche Ambulanzen erneut lokal von Hausärzten betreiben zu lassen – und nicht an externe Dienstleister zu geben.
Auch Dr. Sebastian Brechenmacher, hausärztlich tätiger Internist in Krailling bei München, findet die Idee spezieller Anlaufstellen „im Prinzip gut, vorausgesetzt, die Umsetzung stimmt“. Solche Teststellen müssten für jeden leicht erreichbar sein, sonst gingen die Patienten am Ende doch wieder in die Hausarztpraxen, warnt er. Wichtig sei auch eine einfache Kontaktaufnahme, gerade für ältere Menschen sollte die auch per Telefon möglich sein.
Wie viele andere Hausärzte bietet Brechenmacher für Patienten mit Atemwegs-Infekten eine separate Sprechstunde mit Anmeldung. Etwa eine Stunde pro Tag ist dafür reserviert. Der Aufwand, jeden Patienten zu testen, auch wenn der „nur“ Husten, Halsweh und Schnupfen hat, sei enorm. Separate Testzentren könnten entlasten und andere Patienten schützen, wenn die Zahl der Infektpatienten in den kommenden Monaten steigt. „Wir wissen gar nicht, wie wir das schaffen sollen“, sagt er – und plädiert dafür, eine Sonderregelung aus dem Frühjahr wieder aufzugreifen: Bei einer einfachen Erkältung war eine Krankschreibung auch ohne Praxisbesuch möglich.
„Wir werden ein Problem kriegen, für das wir eine Lösung finden müssen“, warnt auch der Münchner Allgemeinmediziner Dr. Markus Frühwein. Schon jetzt zeichne sich bei grippalen Infekten aller Art eine Entwicklung wie im Vorjahr ab, trotz Mundschutz und mehr Hygiene. Klarheit bringe aber nur ein Test. Die Idee, zusätzliche Testmöglichkeiten zu schaffen, findet er daher nicht verkehrt. Er hofft aber auf eine bessere Planung, in die Ärzte einbezogen werden sollten. „Damit kann man sich viel Ärger ersparen.“ ae