München/Berlin – „Grüne Motoren schaffen saubere Arbeitsplätze“, sagte Markus Söder. Durch „ein klares Ultimatum“ müsse der „notwendige Innovationsdruck“ auf die deutsche Autoindustrie erzeugt werden. „Ab dem Jahr 2020 dürfen nur noch Autos zugelassen werden, die über einen umweltfreundlichen Antrieb verfügen.“
Kein Tippfehler: Söder hat das wirklich so gesagt. Der „Spiegel“-Artikel aus dem Jahr 2007 wird noch immer munter im Netz geklickt. Söder, damals CSU-Generalsekretär, startete damit einen Anlauf, die Industrie anzutreiben und seiner Partei ein grüneres Image zu verpassen. Umgesetzt wurde das nie. Nun ist 2020 erreicht, und Söder sendet die gleiche Botschaft erneut. „Wir brauchen ein Nachdenken über ein Ende des fossilen Zeitalters“, erklärte er, inzwischen CSU-Vorsitzender, am Samstag auf dem Parteitag. Als „Enddatum für die Neuzulassung fossiler Verbrenner“ bringt er nun 2035 ins Spiel. Kalifornien habe diesen Zeitplan vorgelegt, „das scheint mir sicher ein gutes Datum zu sein“.
Die Grünen lästern, wenn Söder das alle 13 Jahre fordere, freue man sich aufs nächste Interview 2033. Jenseits der Frotzeleien hat er Berlin mit dem Vorstoß aber kalt erwischt. In der Debatte, wie der Verkauf von Neuwagen in der Corona-Krise angekurbelt werden kann, hatten Söder und seine CSU stets für eine Kaufprämie für Verbrenner argumentiert und sich den Vorwurf der Gestrigkeit eingehandelt. An der Verkaufsförderung hält er im Kern weiterhin fest. Parallel versucht er aber, die Grünen links zu überholen.
„Das ist ein Erkenntnisgewinn, den wir kaum mehr erwartet hätten“, erklärt Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Greenpeace verbreitet, „wenn selbst der Vorsitzende des christsozialen Verbrenner-Fanblocks ein Enddatum für Diesel und Benziner fordert, dann ist die Verkehrswende auf dem Durchmarsch“. Und der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, sagt: „Ein Verbot von Neuzulassungen für Diesel und Benziner ab 2035 halte ich für eine gute Idee.“ Dass das Umwelt-Amt die CSU lobe, so spottet die „FAZ“, sei „so selten wie eine Mondfinsternis“.
Auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann lobt Söder, kann sich sogar noch mehr Tempo vorstellen. „Ein belastbares Datum für das Ende des Verbrenners fossiler Kraftstoffe zu nennen, ist nun wirklich schwer. Eines ist aber aus meiner Sicht klar: 2035 werden wir auf jeden Fall damit durch sein“, sagte der Regierungschef aus dem Autoland Baden-Württemberg der „Rheinischen Post“.
Widerspruch kommt eher aus Union und der SPD. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, politischer Schutzherr für VW, stellt sich generell gegen ein Datum für ein Verbot von Verbrennungsmotoren. Wie schnell dieser Abschied möglich sei, hänge von den Rahmenbedingungen ab, sagte Weil der „SZ“. Und mit Kohlestrom „nützt das schönste Elektroauto nichts“. Wirtschaftspolitiker der CDU warnen zudem vor einem Abgesang auf die Verbrenner. Ein Enddatum für die traditionelle Autoproduktion sei eine „unsensible Botschaft für die Arbeitnehmer und ihre Familien“, sagte CDU-Bundesvorstandsmitglied Axel Fischer der „Augsburger Allgemeinen“. Anscheinend wolle er „schon den Boden für eine mögliche schwarz-grüne Koalition im Bund bereiten“.
Söder hat sich allerdings mehrere Hintertürchen offen gehalten. Er will nicht alle Verbrenner 2035 verbieten, sondern nur neue nicht mehr zulassen. Und er spricht explizit von „fossilen Verbrennern“: Motoren mit Biokraftstoff wären also noch drin. cd