Washington – Für Donald Trump (74) ist sein Rivale Joe Biden (77) schon seit Jahren ein Thema. Im August 2011 mokierte er sich erstmals bei Twitter über den damaligen Vize-Präsidenten, der nach China geschickt worden war: „Die Chinesen lachen über uns“, schrieb Trump.
Im Wahlkampf 2012 – Biden bewarb sich mit Präsident Barack Obama um eine zweite Amtszeit – zeigte sich der damalige Immobilienunternehmer im Zwiespalt: „Beängstigender Gedanke – @JoeBiden ist einen Herzschlag entfernt von der Präsidentschaft“, schrieb Trump im August. Zum TV-Duell zwischen Biden und dem republikanischen Vize-Präsidentschaftskandidaten Paul Ryan im Oktober warnte er dann aber: „Lasst Euch nicht von seinen Versprechern täuschen. Er ist ein erfahrener und lebhafter Debattierer.“
In der Nacht auf Mittwoch (3 Uhr MESZ) treffen die beiden Kandidaten für die Präsidentenwahl am 3. November nun direkt im TV-Duell aufeinander. Und solche Lebhaftigkeit wie 2012 mag der republikanische Präsident in seinem Kontrahenten inzwischen nicht mehr entdecken: Schon bei Bidens Eintritt in den Vorwahlkampf im April 2019 wurde er begrüßt mit einem neuen Spitznamen: „Willkommen im Rennen, Sleepy Joe“, schrieb Trump – zu gerne wollte der damals 72-Jährige seinen dreieinhalb Jahre älteren Herausforderer als „schläfrig“ und nicht fit brandmarken. Zumal Joe Biden in den USA dafür bekannt ist, öffentlich auch mal in Fettnäpfchen zu stapfen.
Biden betreibt sein Twitter-Profil zwar seit 2007, Donald Trump wurde dort aber erst im Wahlkampf 2016 zum Thema. „Er hat keine Ahnung. Punkt“, zitierte der damals noch amtierende Vize-Präsident aus seiner eigenen Rede beim Demokraten-Parteitag. Bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania drohte er Trump indirekt sogar Prügel an: „Ich wünschte, wir wären in der Schule, dann könnte ich mit ihm hinter die Turnhalle gehen“, sagte Biden wenige Wochen vor der Wahl, als ein Video aufgetaucht war, in dem der Unternehmer damit prahlte, sich gegenüber Frauen alles erlauben zu können.
2018 wurde Biden deutlicher: „Wenn wir an der High School wären, würde ich ihn hinter die Turnhalle bringen und ihn grün und blau schlagen“, sagte er bei einer Veranstaltung zur Bekämpfung von sexueller Gewalt an Hochschulen. Zu Trumps Entschuldigung, es habe sich um „Umkleidekabinen-Gerede“ gehandelt, meinte Biden: „Ich war mein ganzes Leben lang in vielen Umkleideräumen. Jeder Typ, der so gesprochen hat, war normalerweise der fetteste, hässlichste Mistkerl im Raum.“
Die Reaktion von Trump ließ nicht lange auf sich warten: „Der verrückte Joe Biden versucht, ein harter Kerl zu sein. Tatsächlich aber ist er sowohl geistig als auch körperlich schwach“, twitterte der Präsident. „Und trotzdem droht er mir schon zum zweiten Mal körperliche Gewalt an. Er kennt mich nicht, aber er würde zu Boden gehen und die ganze Zeit weinen. Bedroh keine Menschen, Joe!“
Doch kurz vor dem Duell ist es Trump, der in die Defensive gerät. Die „New York Times“ berichtet, dass der US-Präsident in den Jahren 2016 und 2017 jeweils nur 750 Dollar Einkommensteuer auf Bundesebene bezahlt habe. Aus Steuerunterlagen gehe zudem hervor, dass Trump vor 2016 in 10 von 15 Jahren angesichts hoher gemeldeter Verluste sogar gar keine Einkommensteuern bezahlt habe, schreibt die Zeitung. Trump bezeichnet den Bericht als „totale fake news“. Er sagt: „„Ich habe eine Menge bezahlt, ich habe auch eine Menge an Steuern an den Bundesstaat bezahlt, der Bundesstaat New York verlangt viel.“ Die Herausgabe von Finanz- und Steuerunterlagen hoher Amtsträger hat in den USA Tradition. Präsidentschaftskandidaten veröffentlichen diese üblicherweise bereits im Wahlkampf. Trump hat dies stets abgelehnt.