München – Er will den Erfolg mitnehmen, ist ja klar, und weil niemand das Kind beim Namen nennt, tut es Markus Söder (CSU) schließlich selbst. Das System, auf das man sich geeinigt habe, „ist in meiner Sicht eine Ampel“, sagt Bayerns Ministerpräsident – also jener Warnmechanismus, den er zuletzt so vehement eingefordert hatte. Bayern, soll das heißen, hat mal wieder die Richtung vorgegeben. In der Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versuppt das Wort aber doch recht unspektakulär.
Man hat sich an das Bild gewöhnt: Söder an der Seite der Kanzlerin, wie sie das Land auf neue Corona-Maßnahmen einstimmen. Dass Bayerns Ministerpräsident sich in den letzten Monaten als Krisenmanager profilieren konnte, lag mitunter auch an diesen Auftritten. Gestern saß Söder zum letzten Mal an dieser Stelle. Den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz gibt er nun an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) ab. Es ist ein kleiner Abschied.
Die Beschlüsse der gestrigen Videokonferenz der Länderchefs mit der Kanzlerin wirken indes wenig feierlich. Die Runde einigte sich auf ein Stufensystem, um dem anstehenden Corona-Herbst zu begegnen. Steigt der Inzidenzwert über die kritischen Marken von 35 oder 50, soll die Gästezahl bei Feiern in öffentlichen oder gemieteten Räumen begrenzt werden, auf 50 oder 25 Personen. Für Feiern zu Hause gilt dann die „dringende Empfehlung“, sich auf 25 beziehungsweise 10 Personen zu beschränken.
Man sei gut durch den Sommer gekommen, sagt Merkel. Aber im Herbst und Winter drohten „schwierige Zeiten“. Die ansteigenden Corona-Zahlen nennt sie beunruhigend. „Ein Shutdown muss unbedingt verhindert werden.“ Auch Söder hat sich für seinen letzten Auftritt ein paar knackige Sätze zurecht gelegt. Es gelte „Vorsicht statt Leichtsinn.“ Überhaupt sei es gut, dass man sich habe einigen können. Die neuen Regeln gelten jetzt für alle Länder: „Mehr Maske, weniger Alkohol, kleinere Feiern.“
Nicht immer waren sich die Ministerpräsidenten in der Vergangenheit über die Corona-Maßnahmen einig, in einigen Konferenzen flogen die Fetzen. Das war auch für die gestrige Sitzung erwartet worden, vor allem die Ost-Bundesländer sträubten sich bis zuletzt gegen Verschärfungen der Maßnahmen. Gemessen daran lief es offenbar überraschend gut. Hamburgs Regierender Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte sogar, es habe „größte Geschlossenheit“ geherrscht.
Söder wird auch gestern seinem Ruf als oberster Corona-Mahner gerecht. Jeder solle sich überlegen, ob er jetzt in den Urlaub fahren müsse, sagt er. Und: Auch die jungen Leute müssten mitmachen. „Sind wir Spielverderber oder Spießer? Nein, wir wollen auch Lebensfreude.“ Die müsse aber ohne Probleme sein. Er und Merkel machen zudem sehr klar, dass Schulen und Kitas Priorität haben. Sie sollen offen bleiben.
Zu den neuen Maßnahmen gehört auch ein Bußgeld, das bei der falschen Angabe von Kontaktdaten in Restaurants oder Biergärten anfällt. Das war zuletzt häufig der Fall, womöglich auch aus Sorge, die Polizei könnte die Daten einsehen. Künftig soll es kein Pardon mehr geben, mindestens 50 Euro werden fällig – in Schleswig-Holstein sogar satte 1000 Euro. Für richtige Angaben hätten die Gastronomen Sorge zu tragen, betonte Merkel. „Bei Donald Duck ist die Sache ja nicht schwierig“, sagt sie. Im Zweifel müsse man sich halt den Ausweis zeigen lassen.
Bevor Söder aufsteht, gibt er den Staffelstab noch an seinen Nachfolger Michael Müller weiter – mit einem halben Kompliment. „Herr Müller war heute ein sehr guter und konstruktiver Partner“, sagt er. Mit leichter Betonung auf „heute“.