WIE ICH ES SEHE

Unsere Phantasie-Abendparty

von Redaktion

Gerne würden meine Frau und ich einmal ein Abendessen geben für Persönlichkeiten, die das vorige Jahrhundert geprägt haben. Wir hätten es gerne unterhaltsam. Fünf Gäste genügen für ein Tischgespräch.

Entschuldigung, Albert Einstein und Thomas Mann, Genies werden nicht eingeladen. Sie dominieren zu sehr. Thomas Mann soll bei einer Party in Princeton 1940 sogar einmal versucht haben, Albert Einstein die Relativitätstheorie zu erklären.

Wir haben nicht diese Flughöhe. Deswegen soll John Maynard Keynes der erste Gast sein. Der Volkswirt hat schon 1918 bei den Friedensverhandlungen in Versailles erkannt, dass hier mit der Entwürdigung Deutschlands kein Frieden erreicht wurde. Ihn möchte ich fragen nach seinem berühmten Buch von 1936 über Beschäftigung, Zinsen und Kapital. Ist der von ihm gepredigte Segen staatlichen Geldausgebens zur Konjunkturbelebung wirklich das, worauf sich unsere Politik heute berufen kann bei den Milliarden an Subventionen, mit denen unser Corona-Staat die Wirtschaft überschwemmt?

Auch wenn Keynes mehr Interesse an Männern hat, laden wir die Schauspielerin Audrey Hepburn dazu ein. Ihr Film: „Ein Herz und eine Krone“, in dem eine Prinzessin auf Staatsbesuch für 24 Stunden im nächtlichen Rom ein ganz normales junges Mädchen wird, trifft jeden, der schon zwischen Neigung und Pflicht wählen musste. Im „Frühstück bei Tiffany“ wird sie als Holly Golightly am Ende durch einen langen Kuss im New Yorker Regen erlöst. Jahre später spielt sie die beste Eliza in Shaws „My Fair Lady“. Nicht als Sexbombe, aber voller Entzücken setzt sie unserer Party ihre Krone auf.

Weil es in der Volkswirtschaft immer unterschiedliche Erkenntnisse geben muss, laden wir Friedrich August von Hayek ein. Der freiheitlich denkende Volkswirt will nicht mehr, sondern weniger Staat, ihm sogar das Monopol der Geldausgabe entziehen. Das wird ein spannender Abend, wenn er mit Keynes diskutiert und vielleicht beide eine gemeinsame Brücke zueinander finden. Denn Keynes war im tiefen Grunde auch ein Liberaler, der, nur bezogen auf seine besondere Zeit, das gefährliche Schuldenmachen als Konjunkturprogramm erfunden hat.

Und dazu kommt noch eine streitbare Dame, damit Audrey Hepburn nicht ganz alleine dasteht. Astrid Lindgren soll es sein, mit ihren wunderbaren Kinderbüchern und dem Märchen „Pomperipossa in Monismanien“, mit der sie den sozialistischen Abgabenstaat des Olaf Palme ad absurdum geführt hat. Schweden hat sich danach tatsächlich in das moderne großartige Land der blühenden Wirtschaft und des allgemein größeren Wohlstandes verwandelt, wie wir es heute kennen.

Dazu soll Charlie Chaplin an unserem Abend alle in seinen erotischen Bann ziehen. Mit seinem Film „Der große Diktator“ ist es ihm schon 1940 gelungen, Diktatoren wie Adolf Hitler und Mussolini in ihrer Banalität des Bösen vorzuführen. Seine Rede von Menschlichkeit, Völkerverständigung und dem privaten Glücksstreben aller Menschen ist heute so aktuell wie damals. Chaplin ist ein Vulkan. Da verblassen alle Theorien von Keynes und Hayek und sogar Astrid Lindgren. Audrey Hepburn aber schenkt Chaplin das schönste Lächeln dieses Abends.

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VON DIRK IPPEN

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