Schwere Unruhen in Kirgistan

von Redaktion

In der Ex-Sowjetrepublik sorgen Fälschungen bei der Parlamentswahl für Proteste – Wahlkommission lenkt ein

Bischkek – Nach massiven Protesten gegen die umstrittene Parlamentswahl im zentralasiatischen Kirgistan ist Ministerpräsident Kubatbek Boronow am Dienstag zurückgetreten. Zudem erklärte die Wahlkommission die Abstimmung vom vergangenen Sonntag für ungültig. Grund seien massive Manipulationen und die darauffolgenden Spannungen in der Ex-Sowjetrepublik.

In der Nacht zum Dienstag hatten zahlreiche Menschen unter anderem das Parlamentsgebäude gestürmt. Sie befreiten zudem mehrere Politiker aus dem Gefängnis, darunter den wegen Korruption inhaftierten Ex-Präsidenten Almasbek Atambajew und den Oppositionellen Sadyr Schaparow. Der Bürgermeister von Bischkek trat daraufhin zurück. Die Demonstranten forderten, Schaparow die Führung des Landes zu übergeben. Dieser Forderung kam das Parlament am Dienstag in einer Sondersitzung nach und ernannte Schaparow zum Regierungschef. Die Wahl fand in einem Hotel statt, da das Parlamentsgebäude noch besetzt war.

Bei dem Sturm auf das Parlamentsgebäude kam es zu schweren Ausschreitungen. Demonstranten steckten Autos in Brand. Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer, Tränengas und Blendgranaten gegen die Menschenmenge ein. Fast 600 Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Kirgisische Medien berichteten, dass Demonstranten mehrere öffentliche Gebäude besetzt hätten, darunter den Regierungssitz und das Bürgermeisteramt.

Rund 3,5 Millionen Wähler hatten in dem Hochgebirgsland an der Grenze zu China am Sonntag über ein neues Parlament abgestimmt. Der Wahlkommission zufolge lagen zwei regierungsnahe Parteien vorn. Die Partei Birimdik (Einheit) erreichte demnach rund 25 Prozent der Stimmen. Ein Bruder des Präsidenten ist Parteimitglied. Die erst 2015 gegründete Partei Mekenim Kirgistan (Mein Vaterland Kirgistan) holte nach den Angaben fast 24 Prozent. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprach von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. Stimmen sollen gekauft worden sein.

Mehrere Oppositionsparteien hatten die Ergebnisse der Wahl nicht anerkannt und eine Neuwahl gefordert. Präsident Sooronbaj Dscheenbekow warf der Opposition den Versuch einer illegalen Machtergreifung vor. In der Nacht zum Dienstag hätten mehrere politische Kräfte versucht, die Macht an sich zu reißen. Sie seien auf Sicherheitskräfte losgegangen. Dscheenbekow sagte, dass er auf einen Schießbefehl verzichtet habe, um ein Blutvergießen zu verhindern. Er kündigte aber an, „alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um keine Eskalation der Lage zuzulassen“. Es gab auch Forderungen, Dscheenbekow abzusetzen. In dem völlig verarmten und stark von politischen Clanstrukturen geprägten Staat, in dem Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 30 Jahren bis heute Einfluss hat, kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Gewalt.  dpa

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