München – Der Landtag tastet sich an die Normalität heran, aber es sieht komisch aus. Heute dürfen zum ersten Mal seit der Pandemie gut die Hälfte der Abgeordneten wieder in den Plenarsaal kommen statt wie bisher nur ein Fünftel. Platz nehmen müssen sie aber in gläsernen Käfigen. Im Plenarsaal sind Plexiglasscheiben aufgebaut worden. Die Angst vor einer Infektion ist groß. Ein Coronafall im Saal – und das gesamte Parlament müsste wohl zwei Wochen in Quarantäne.
Bis zum Vollbetrieb mit 205 Abgeordneten, optimistisch geplant in zwei Wochen, kommen noch ein paar Maßnahmen dazu – darunter freiwillige Schnelltests für die Abgeordneten. Vielleicht gibt es zudem eine Art Ampel-System, das anhand der Inzidenzwerte für München oder für Bayern regelt, wie viele Abgeordnete zu den Sitzungen kommen sollen. Viele Details dazu sind ungeklärt.
Das einzige, was sich im Landtag ein Stück weit der Corona-Zeit annähert, sind die Umfragezahlen. Im gestern Abend vorgestellten „Bayerntrend“ des BR zeigt sich ein Knick im Höhenflug der CSU, gleichzeitig steigen die Grünen wieder spürbar an. Mit ihren 45 Prozent könnten die Schwarzen zwar rechnerisch momentan alleine regieren. Das sind aber vier Punkte weniger als im letzten Bayerntrend von Juli. Die Grünen steigen auf 21 (+1), die Freien Wähler erholen sich auf 7 (+2), die AfD und die SPD jeweils auf 8 (+1). Die FDP, obwohl im Landtag recht aktiv, und die außerparlamentarische Linke verharren bei 3 Prozent. Womöglich werde nun die demoskopische Normalisierung der CSU eingeleitet, sagt der BR-Wahlexperte Andreas Bachmann. „Dass die Werte irgendwann bröckeln werden, war erwartbar, letztlich nur eine Frage des Zeitpunkts.“
Es gebe „unverändert ein hohes Maß an Grundvertrauen in die CSU“, verbreitet Generalsekretär Markus Blume. In Parteikreisen heißt es, je weniger akut die Corona-Gefahr in Bayern sei, desto mehr kämen andere Themen zur Geltung – etwa Umwelt und Klimaschutz. Grünen-Landeschefin Eva Lettenbauer betont zusätzlich, ihre Partei habe durch eine „konstruktive Rolle während der Pandemie“ Vertrauen geschaffen. Tatsächlich unterstützt die größte Oppositionspartei im Kern den vorsichtigen Kurs von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) etwa bei der Maskenpflicht und bei gestuften Lockerungen.
Das liegt klar auf der Linie der Wähler. Das aktuelle Corona-Krisenmanagement finden 79 Prozent im Freistaat gut; acht Punkte weniger als im Juli, aber ein noch außergewöhnlich hoher Wert. Im Rückblick auf das bisherige Krisenmanagement sind 75 Prozent einverstanden. 17 Prozent halten die Einschränkungen für übertrieben, 7 für untertrieben. Die Maskenpflicht in Hotspots (wie bis vor Kurzem in der Münchner Innenstadt) finden 76 Prozent der Bayern gut. Das ist übrigens mit Ausnahme der AfD parteiübergreifend so.
Noch immer akut sind die Sorgen der Bayern. 55 Prozent bangen um die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat, 20 Prozent fürchten, ihre eigene Lage werde sich verschlechtern. Jeder zweite Bayer warnt, der soziale Zusammenhalt leide. Fast jeder Dritte befürchtet, sich selbst anzustecken. cd