Unter diesem Titel hat Ernst Jünger seine Erinnerungen an die Jahre zwischen 70 und 80 veröffentlicht. Das war aber keineswegs das Letzte, was er geschrieben hat. Er wurde 102 Jahre alt. Zu den noch im Alter produktiven Dichtern gehörte der herausragende persische Dichter und Mystiker Saadi. Er lebte von 1210 bis 1292. Sein Mausoleum in Shiraz ist ein viel besuchter touristischer Anziehungspunkt bis heute.
Das waren wenige Ausnahmen. Niemand aber hätte für möglich gehalten, dass sich unsere durchschnittliche Lebenserwartung weit nach hinten verschoben hat. Nach der aktuellen Statistik hat ein heute 80-jähriger Mann immer noch eine Lebenserwartung von 8 Jahren. Eine 80-jährige Frau kann sogar noch mit 9,5 Jahren rechnen und wenn sie 90 sein wird, auf 4,3 weitere Jahre hoffen.
Dazu hat die moderne Zeit das „gefühlte Lebensalter“ völlig durcheinander gebracht. Früher hieß es so schön über die Stufen des Lebens: „60 Jahre wohlgetan, 70 fängt das Alter an, 80 Jahr ein Greis, 90 Jahre Kinderspott – 100 Jahr in Gnad´ bei Gott.“ Unsere Alten aber tummeln sich gesund auf allen Golfplätzen dieser Welt, beleben munter die Museen und Hotels in den schönsten Touristenorten. Ja und – glaubt man den Illustrierten – so verlieben sie sich immer wieder neu, auch in den Altersheimen. Greise, so scheint es jedenfalls, gibt es nicht mehr.
Diese netten Aussichten dürfen uns aber den Blick nicht dafür verstellen, dass körperlich wie auch geistig viel Disziplin und Kraft dazu gehören, ein erfülltes Leben als Alter zu führen. Schon der römische Dichter Horaz hat nämlich in seiner Ars Poetica den „Senex“, den Alten also, neben anderen wenig schätzenswerten Eigenschaften als schwierig und nörglerisch geschildert und dazu als einen steten „Lobredner der vergangenen Zeit“, in der er aufgewachsen ist und wo angeblich alles besser war als heute. Davor sich zu hüten, ist das wichtigste Gebot für alle Alten. Und was heutzutage gar nicht infrage kommt, bei den wenigen Alten in der Antike laut Horaz aber üblich war, ist deren Rolle als strenge Zuchtmeister und Zensoren der Jüngeren.
Heute ist es dagegen notwendig, im Alter von den Jüngeren zu lernen. Sie können doch mit allen modernen digitalen Geräten, die heute unverzichtbar sind, so viel besser umgehen als wir Älteren. Wir sind ja bestenfalls nur Einwanderer in die digitale Welt, in der die Jungen zu Hause sind. „Ich werde alt und lerne stets noch vieles hinzu.“ Dieser von Platon im Dialog „Amatores“ überlieferte Satz ist heute Gebot für alle Alten, die mithalten wollen.
Dafür aber, dass die Klarheit des Alters zu ganz neuen Höhen führt, steht wieder der für seine Zeit uralt gewordene Dichter Saadi: „Es ist keine Kunst, die Welt zu erobern – wenn Du kannst, erobere ein Herz!“ Diese Einsicht möchte man den Jungen wünschen. Sie kommt aber wohl erst im Alter.
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