Protest gegen Gesetz komplett in weiblicher Form

von Redaktion

Innenministerium weist Referenten-Entwurf für neues Insolvenz-Recht wegen sprachlicher Bedenken zurück

München – Kein Gender-Stern, kein Binnen-I, keine geschlechtsneutrale Partizip-Konstruktion: Das Bundesjustizministerium verzichtet in seinem Entwurf für ein geändertes Insolvenzrecht auf diese häufig kritisierten Schöpfungen für geschlechtergerechte Sprache. Dennoch wird das Papier jetzt wegen seiner sprachlichen Gestaltung attackiert. Denn das von Christine Lambrecht (SPD) geführte Ministerium verwendet darin für Personen nur noch die weibliche Form.

Mitte September veröffentlichte das Ministerium den Entwurf, in dem etwa durchgängig die Begriffe „Geschäftsführerin“, „Unternehmerin“ oder „Schuldnerin“ verwendet werden. Jetzt hat das von Horst Seehofer (CSU) geführte Bundesinnenministerium (BMI) dem Entwurf genau wegen dieser grammatischen Form widersprochen, die als generisches Femininum bezeichnet wird. Die Sorge: Das Gesetz könnte so möglicherweise nur für Frauen gelten und wäre „höchstwahrscheinlich verfassungswidrig“.

Während das generische Maskulinum – die rein männliche Form – für beide Geschlechter gelte, sei das generische Femininum als Verwendung für beide Geschlechter sprachwissenschaftlich nicht anerkannt, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Dass die männliche Form in Gesetzen auch Frauen und Menschen mit anderen sexuellen Identitäten umfasst, hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt 2018 festgestellt. Steht im Gesetz „Geschäftsführer“, sind demnach auch Geschäftsführerinnen gemeint. Mit der Frage, ob das Femininum dazu führt, dass ein Gesetz oder Paragraf nur für Frauen gilt, beschäftigte sich das Gericht damals nicht.

Kritik am Vorgehen des Justizministeriums kam auch aus dem CDU-Wirtschaftsrat. „Liebe Frau Lambrecht, suchen Sie sich bitte irgendein anderes Gesetz für solche Spielereien aus“, sagte dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger der „Augsburger Allgemeinen“. Die Zeit für ein reformiertes Insolvenzrecht zerrinne, aber das Bundesjustizministerium „nimmt es nicht ernst“. Der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache sagte: Wer „diese missverständliche Formulierung nutzt, lädt geradezu dazu ein, ein Gesetz anzufechten“.

Das Justizministerium teilte mit, bei dem Entwurf handle es sich nicht um den endgültigen Text. Eine Sprachprüfung stehe noch an. Der Sprecher verwies aber darauf, dass Gesetzentwürfe laut Geschäftsordnung der Bundesministerien die Gleichstellung „auch sprachlich zum Ausdruck bringen“ sollen. STEFAN REICH

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