Washington – Dicken Crane, Landwirt aus dem US-Bundesstaat Massachusetts, hatte ein Problem. Wann immer er ein Werbeschild für den Demokraten Joe Biden auf seinem Grundstück aufstellte, wurde es wenig später gestohlen. Deshalb stapelten Crane und einige Helfer am vergangenen Donnerstag ein Dutzend Heuballen fünf Meter hoch, umwickelten das Bauwerk mit weißem Plastik und malten die Buchstaben „USA Biden Harris 2020“ darauf. Schon in der nächsten Nacht standen die Heuballen in Flammen. Die Polizei nahm wenig später einen 49-Jährigen als Verdächtigen fest.
Die Emotionen schlagen hoch im wohl schmutzigsten Wahlkampf der US-Geschichte, der bereits mehrere Todesopfer gefordert hat. Von Pennsylvania bis Florida, von Ohio bis Nevada sind Trump und Biden-Schilder zum bevorzugten Ziel von Diebstahl und Vandalismus geworden. Letzten Monat musste ein städtischer Angestellter nahe Detroit im Bundesstaat Michigan, der zu nahe an der Straße stehende Werbeschilder entfernen sollte, ins Krankenhaus gebracht werden. An einem der Schilder hatten Unbekannte an der Unterkante Rasierklingen befestigt, um Diebe zu verletzen. Andere Unterstützer teilen in sozialen Medien Videos, die zeigen, wie sie ihre Werbetafeln elektrifizieren, um Vandalen Stromschläge zu versetzen. Andere drohen, auf alle zu schießen, die sich an ihren Schildern vergreifen.
Tödlich endete am Samstag eine Konfrontation in Denver (Colorado) zwischen Trump-Unterstützern und Gegendemonstranten in der Innenstadt. Ein vom Sender NBC angeheuerter Helfer, der ein Kamerateam schützen sollte und offenbar ein Sympathisant von Joe Biden ist, schoss einem 49-Jährigen aus der Trump-Menge in den Kopf, nachdem dieser den Bodyguard mit Reizgas besprüht hatte. Vorausgegangen waren massive Beleidigungen von beiden Seiten. Der Todesschütze ist nun wegen Mordes angeklagt worden. Sein Opfer war in Colorado bereits der vierte Bürger, der bei Wahl-Demonstrationen ins Visier genommen wurde. Die drei anderen Personen überlebten die Attacken mit Schusswunden.
Doch ein Teil der Grabenkämpfe der politischen Unterstützer spielt sich im Cyberspace ab. In Detroit wurden vergangenen Donnerstag zwei Männer verhaftet und angeklagt, nachdem sie tausende von Bürgern in vorwiegend von Farbigen bewohnten Gegenden mit aufgezeichneten automatischen Anrufen bombardiert hatten. In den Telefonaten wurden Wähler in Michigan und vier weiteren Bundesstaaten fälschlicherweise vor einer Stimmabgabe per Briefwahl gewarnt. Dies könne, so behaupteten die Anrufer, zu Verhaftungen, Vollstreckungen ausstehender Schulden oder staatlichen Zwangs-Impfungen führen.
Dieses illegale Verhalten korrespondiert mit der Taktik von Trump und den Republikanern, argumentativ gegen die Briefwahl vorzugehen, weil vor allem Demokraten angesichts der Coronavirus-Pandemie diese Form der Stimmabgabe bevorzugen. Schätzungen von Experten gehen davon aus, dass am 3. November rund eine Million US-Bürger ihre Briefwahl-Stimme durch Anfechtungen von Beobachtern beider Parteien bei der Auszählung verlieren dürften. Am Ende werden dann wohl Gerichte das letzte Wort über Endergebnisse in einigen Bundesstaaten haben.