München – Man kann nicht sagen, dass Markus Söder arg schüchtern im Umgang mit Kameras wäre. Für die Nachricht dieses Tages schickt er aber einen seiner Minister vor. Mit einem knappen Satz hat Staatskanzleichef Florian Herrmann am Freitagmittag im Auftrag seines Herrn mitzuteilen, dass die befristete Verordnung zum Beherbergungsverbot auslaufe. „Wir belassen es dabei“, fügt er an.
So schnell ist ein Wort- und Paragrafen-Ungetüm beerdigt, das in der Republik seit Tagen für Unruhe sorgt. Das Beherbergungsverbot besagt, dass Gäste aus Risikogebieten nicht in Hotels willkommen sind. Weil es umstritten ist, dem Tourismus schadet und dem Infektionsschutz angeblich kaum nutzt, wird es nun von einem Bundesland nach dem anderen wieder einkassiert – manchmal von Gerichten, manchmal von der Regierung. In Bayern letzteres. Wer Söder in den vergangenen Tagen gut zugehört hat, sah das schon kommen.
Nun dürfen also Berliner, Bremer und sonstige Risikogäste ab sofort und damit auch schon in den Herbstferien in den Freistaat reisen, ohne einen frischen, negativen Test vorzulegen. Das Verbot ist zwar als Option weiter in den Infektionsschutz-Verordnungen verankert, wird aber nicht genutzt.
Die kurze, hitzige Debatte über das Verbot dürfte damit schnell enden. Die Opposition in Bayern ruft Söder noch ein paar Worte hinterher. Die Grünen, die inhaltlich sonst die meisten Maßnahmen mittragen, sprechen von einer „unnötigen“ Maßnahme. „Beim Beherbergungsverbot hat die Söder-Regierung mit der Methode ,Trial & Error‘ viel Staub aufgewirbelt und der Akzeptanz der Corona-Maßnahmen bei der Bevölkerung geschadet“, sagt Fraktionschefin Katharina Schulze. Sie bekräftigt, dass der Landtag besser in die Corona-Politik eingebunden werden müsse, etwa mit einer eigenen Kommission. Die CSU lehnt das seit März ab.
Kurios am Ärger um das Beherbergungsverbot: In der Regierung löst es einen kleinen Koalitionskrach aus. Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, der im Kabinett für das Verbot gestimmt hatte, präsentiert sich am Freitag als energischer Kämpfer dagegen. „Das Beherbergungsverbot war im Kampf gegen Corona das falsche Instrument am falschen Ort“, verbreitet der Freie-Wähler-Chef über die Pressestelle des Wirtschaftsministeriums. Er habe sich „intensiv bemüht, diese Belastung unserer Beherbergungsbetriebe abzuschaffen“, zum Glück gehe die CSU diesen Weg nun mit. Abgeordnete aus seiner Fraktion sekundieren, hier habe die Regierung „willkürlich“ einen „Rohrkrepierer“ geliefert, so etwas sei „irrsinnig“.
Der Vorwurf des Irrsinns ist in einer Koalition ungewöhnlich. Scharf reagiert darauf auch die CSU. Ihr Fraktionschef Thomas Kreuzer wirft Aiwanger öffentlich „reinen Populismus“ und „parteipolitische Manöver in einer so ernsten Lage“ vor. Wer so etwas mache, verliere seine Glaubwürdigkeit.
Wichtig für Urlauber aus bayerischen Hotspots: Das Beherbergungsverbot gilt nun noch in wenigen anderen Ländern – Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein sowie in Mecklenburg-Vorpommern, wo sogar zwei Tests verlangt werden.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER