München – Am Montagmorgen sucht halb Bayern nach einem Paragrafensalat mit unaussprechlichem Namen. Die Änderung der geänderten siebten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (7. BayIfSMV) hat in Paragraf 1, Punkt 2 a, Unterpunkt bb, ein heikles Detail. Kein Scherz – genau dort ist am Sonntag ein Satz aufgetaucht, der die Arbeitswelt in Bayern auf Zeit verändert: Maskenpflicht, gültig ab Mitternacht, also unverzüglich.
„Es besteht Maskenpflicht auf den Begegnungs- und Verkehrsflächen der Arbeitsstätte“, steht in dem Passus, der verbindliche Regeln für alle Gebiete mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 35 aufstellt. „Insbesondere in Fahrstühlen, Fluren, Kantinen und Eingängen; Gleiches gilt für den Arbeitsplatz, soweit der Mindestabstand von 1,5 Meter nicht zuverlässig eingehalten werden kann.“
Aufgetaucht ist die geänderte Verordnung fast über Nacht. Vergangene Woche, als die Söder-Staatsregierung tagte und die Verschärfung billigte, war der Halbsatz mit den 1,5 Metern noch nicht erwähnt. In ihm steckt Brisanz: Sitzen sich beispielsweise zwei Menschen am Büroschreibtisch gegenüber, müssen sie jetzt rund um die Uhr Maske tragen. Ministerpräsident Markus Söder setzte diese Schärfung durch. Sie gilt unmittelbar, muss also nicht erst von kommunalen Behörden verkündet werden.
Dass fortan die Polizei in Bayerns Büros Masken kontrolliert, steht nicht zu erwarten. Die Wirtschaft reagiert aber auch so kooperativ. Viele große Unternehmen haben die Entscheidung ohnehin schon vorweg genommen. Bei BMW etwa gilt die Sache mit den Masken schon seit Monaten, sobald sich ein Mitarbeiter vom Schreibtisch erhebt. Zudem ist Bayern nicht das erste Land mit einem solchen Schritt: Ausgerechnet Berlin war schneller, verfügte Ende September eine generelle Büro-Maskenpflicht.
In der Hauptstadt protestierten Verbände übrigens gegen die Pflicht; nicht schrill, aber mit dem Hinweis, die Behörden sollten sich besser mal um ausufernde Partys kümmern. In Bayern gibt es Unterstützung für Söder. „Eigentlich ist das in den Hygienekonzepten der einzelnen Betriebe bereits verankert“, sagt Bertram Brossardt, der Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Die Maskenpflicht werde „intensivst umgesetzt, weil die Sorge der Betriebe um die Gesundheit der Mitarbeiter und die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes immer sehr groß ist“. Brossardt stellt sich explizit hinter die Regelung. „Wir halten das für angemessen, um Schlimmeres zu verhindern.“
Und Bayerns oberster Chef der Industrie- und Handelskammern, Eberhard Sasse, twittert: „Die neue Regulierung ist lästig, aber da müssen wir jetzt durch. Wir Unternehmer werden uns daran halten.“
Zeitlich begrenzt ist die Maskenpflicht nicht. Sie endet regional dort, wo die Inzidenz wieder unter 35 sinkt. Söder regt derweil an, dass sich ganz Deutschland an seinem Masken-Plan orientiert. „Wir brauchen eine allgemeine Maskenpflicht national“, sagte er in Nürnberg am Rande einer Videokonferenz der CSU-Spitze. Die Ministerpräsidenten hatten sich vergangene Woche nur vage geeinigt auf „eine ergänzende Maskenpflicht im öffentlichen Raum dort, wo Menschen dichter und/oder länger zusammenkommen“.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER