Islamismus: Rote und Grüne fordern harte Linie

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

München – Die islamistische Gefahr ist zurück in den Schlagzeilen. Erst die Enthauptung des französischen Lehrers Samuel Paty nahe Paris. Jetzt die Klarheit, dass auch der tödliche Messerangriff von Dresden einen islamistischen Hintergrund hat (siehe Kasten). Es folgt die typische politische Debatte – die dieses Mal aber eine bemerkenswerte politische Wandlung erfährt. Von mehreren Meinungsführern des linken politischen Spektrums kommt die Aufforderung, das Problem künftig klarer beim Namen zu nennen.

SPD-Vize Kevin Kühnert hatte schon der Anschlag in Paris gereicht, um der deutschen Linken ins Gewissen zu reden. Es gebe hierzulande viel zu wenige empathische Stimmen, die den Tod des Lehrers kommentiert hätten, schreibt der 31-Jährige in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“. Nur „Rechtsaußen“ hätten sich zu Wort gemeldet. „Insbesondere die politische Linke sollte ihr unangenehm auffälliges Schweigen beenden“, findet der ehemalige Juso-Chef. „Sie muss das Wort erheben, weil es auch und insbesondere ihre proklamierten Werte sind, die bei ausnahmslos jedem Terroranschlag mit Füßen getreten, mit Messern erdolcht und mit Sprengsätzen in die Luft gejagt werden.“

Nach Dresden melden sich nun auch die Grünen vermehrt zu Wort. Der Messerangriff des abgelehnten syrischen Asylbewerbers zeige die Gefahr durch gewaltbereite Islamisten „auch bei uns“, warnt Cem Özdemir. „Wir gewinnen den Kampf gegen diesen Wahnsinn nur, wenn wir islamistische Netzwerke zerschlagen.“ Und Parteichef Robert Habeck sagt: „Wir müssen konsequent gegen diese Gewalt, getrieben durch Hass und Menschenverachtung, vorgehen. Sie ist eine Bedrohung für unser Zusammenleben und unsere offene Gesellschaft.“

Die Debatte erhält damit einen neuen Ton. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze pocht aber darauf, dass sie inhaltlich keineswegs neu sei. Schon 2015 habe sie als innenpolitische Sprecherin im Landtag Positionspapiere geschrieben und Antragspapiere geschnürt. „Islamismus muss genauso bekämpft werden wie Rechtsextremismus“, sagt Schulze heute. „Beide haben einen ähnlichen Wesenskern: Sie lehnen Freiheit, Demokratie und universelle Menschenrechte ab – und ähneln sich übrigens auch in ihrem Hass auf Frauen.“ Angesichts der jüngsten Entwicklung will sich die Fraktionschefin ihre Anträge von damals jetzt noch einmal durchsehen. Es ging darum, islamistische Netzwerke zu zerschlagen und die Prävention gegen Radikalisierung zu verbessen – gerade auch bei Frauen. Damals habe es ja viele Ausreisen junger Mädchen ins IS-Gebiet gegeben.

Im Juli hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Rechtsextremismus als die derzeit „größte Bedrohung der Sicherheit“ in Deutschland bezeichnet. Im jüngsten Bericht des bayerischen Verfassungsschutzes kommen allerdings auch die Risiken durch Islamisten nicht zu kurz. Bayernweit gebe es etwa 770 Salafisten, von denen etwa 20 Prozent gewaltbereit seien. Unter den 20 Rückkehrern aus dem Kriegsgebiet des Islamischen Staates in den Freistaat hätten fünf an Kämpfen teilgenommen.

Zudem berichten die Staatsschützer, wie genau die Islamisten die Corona-Krise beobachten. „Vor dem Hintergrund der offensichtlichen Vulnerabilität westlicher Staaten angesichts der aktuellen Pandemie könnte ein altes Bedrohungsszenario neue Aktualität entfalten: der Bioterrorismus“, heißt es im Bericht. Dass Islamisten entsprechende Pläne hegen, zeige der Fall eines im Juni 2018 festgenommenen jihadistischen Salafisten aus Köln-Chorweiler. In der Wohnung des Tunesiers entdeckte man neben 84,3 Milligramm Rizin präzise Anleitungen des IS zum Eigenbau von biologischen Kampfstoffen.

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