Corona-Impfung rückt näher

von Redaktion

VON STEFAN VETTER UND SEBASTIAN HORSCH

Berlin/München – Jens Spahn ist noch immer mit Erkältungssymptomen zu Hause. Nach seiner Corona-Infektion hat sich der Bundesgesundheitsminister gemeinsam mit seinem – ebenfalls infizierten – Ehemann in häusliche Isolation begeben. Während der CDU-Politiker also gerade seinen ganz persönlichen Kampf gegen Corona führt, sorgt eine Aussage für Aufsehen, die er bereits Anfang der Woche getätigt haben soll. In einer Videokonferenz mit den Ländern soll Spahn der „Bild“ zufolge in Aussicht gestellt haben, es könne „noch vor Ende des Jahres“ einen Corona-Impfstoff geben. Zudem soll sein Ministerium in dieser Woche die Landesregierungen per Post aufgefordert haben, bis 10. November die Adressen von insgesamt rund 60 Zentren zu nennen, an die der Impfstoff verteilt werden soll, wenn er einmal zur Verfügung steht.

Ganz so viel Optimismus wollte Spahns Haus am Freitag aber nicht bestätigen. Man gehe weiter davon aus, dass ein Impfstoff frühestens zu Beginn des kommenden Jahres verfügbar sei – und dann zunächst auch nicht für jeden. Derzeit werde deshalb ein Priorisierungskonzept erarbeitet. Richtig sei zudem, dass zur Zeit Abstimmungen zwischen Bund und Ländern über die Verteilung eines möglichen Impfstoffs stattfinden. Doch auch Rückschläge sind möglich.

Weltweit wird mit Hochdruck an der Entwicklung von Corona-Impfstoffen gearbeitet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO forschen Experten aktuell an fast 200 verschiedenen Vakzinen. Wie der „Spiegel“ berichtet, durchlaufen 48 davon bereits klinische Studien, elf in der Schlussphase. Ganz vorn mit dabei ist das Mainzer Unternehmen Biontech, das mit dem US-amerikanischen Pharmariesen Pfizer kooperiert und von der Bundesregierung mit Fördergeldern im dreistelligen Millionenbereich unterstützt wird. Derzeit wird ein Impfstoff dort schon in der sogenannten Phase-Drei-Studie getestet, der letzten und entscheidenden Phase für eine Zulassung. Die europäische Arzneimittelagentur EMA prüft bereits seit Anfang Oktober die Daten zu dem Mittel, also noch während der laufenden Studien.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, verwies im Gespräch mit unserer Zeitung darauf, dass schon mehr als 28 000 Probanden eine zweite Impfung mit dem Biontech-Stoff bekommen hätten und „die Ergebnisse sehr vielversprechend“ seien. Das Unternehmen rechne damit, die Zulassung für den Impfstoff bis Ende November zu bekommen, „so dass eventuell auch schon im Dezember geimpft werden könnte“, sagte Dittmar.

Wenn es so weit ist, steht die Regierung vor einer logistischen Herausforderung. Als sicher gilt, dass Ältere und chronisch Kranke sowie Beschäftigte im Gesundheits- und Pflege-Sektor zu den ersten Impf-Anwärtern zählen werden. Sobald genügend Impfstoff zur Verfügung stehe, könne dann „in sechs, sieben Monaten ein großer Teil derjenigen, die wollen, geimpft werden“, zitiert der „Spiegel“ den Gesundheitsminister. Einmal mehr stellte Spahn damit auch klar: Es wird keine Impfpflicht geben.

Dass der Stoff in großen Zentren verabreicht werden soll, hat übrigens nicht nur etwas mit dem trotzdem zu erwartenden Ansturm zu tun. Es geht auch um die Beschaffenheit des Serums. Es müsste wahrscheinlich bei minus 20 bis 70 Grad transportiert und gelagert werden. Dafür braucht es entsprechende Geräte und Räumlichkeiten.

Noch offen ist, was ein möglicher erster Impfstoff können wird. Werden Geimpfte nur vor schweren Verläufen bewahrt oder können sie das Virus auch selbst nicht mehr weitergeben und Ungeimpfte anstecken? Ein entscheidender Unterschied für den weiteren Verlauf der Pandemie.

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