Karikaturenstreit: Erdogan nennt Charlie Hebdo „obszön“

von Redaktion

Paris weist Kritik aus Ankara zurück und löst radikalen islamistischen Verein in Frankreich auf – Mehrere Konflikte

Paris/Ankara – Östliches Mittelmeer, Islam in Europa, Libyen – und nun auch Karikaturen: Die Positionen der Türkei und Frankreichs könnten in vielen Punkten derzeit nicht weiter auseinander liegen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan lassen kaum eine Gelegenheit verstreichen, um Kritik an der Gegenseite zu üben. Eine Karikatur gießt jetzt erneut Öl ins Feuer.

Die Titelseite der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ zeigte gestern einen leicht bekleideten Erdogan, wie er das Gewand einer verschleierten Frau anhebt. „Ohh! Der Prophet!“, steht in einer Sprechblase. Die Seite ist betitelt mit den Worten: „Erdogan – privat ist er sehr lustig“.

Lustig fand der türkische Präsident selbst das ganz und gar nicht, die Reaktion aus Ankara folgte prompt: Erdogans Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun warf dem Magazin „kulturellen Rassismus“ vor, die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara leitete Ermittlungen wegen Präsidentenbeleidigung ein und der Anwalt Erdogans erstattete Strafanzeige. Erdogan selbst verurteilte „Charlie Hebdo“ als „obszön“.

Der französische Regierungssprecher Gabriel Attal beantwortete die Kritik aus Ankara und sagte, Frankreich werde niemals auf „seine Prinzipien und Werte verzichten“. Macron kommentierte die Karikatur zunächst nicht. Gleichzeitig verschärft seine Regierung aber das Vorgehen gegen mutmaßliche Islamisten: Innenminister Gérald Darmanin kündigte gestern nach der wöchentlichen Kabinettssitzung die Auflösung eines Vereins an, der nach seinen Worten „der radikalen islamistischen Strömung“ zugerechnet wird. Die nun verbotene Organisation namens BarakaCity habe „zum Hass aufgerufen“ und „terroristische Taten gerechtfertigt“, schrieb Darmanin auf Twitter.

Der Streit zwischen den Nato-Verbündeten Frankreich und Türkei hat aber noch ein anderes Konfliktfeld: Im östlichen Mittelmeer steht Macron solidarisch mit Griechenland und Zypern und verurteilt Erdgaserkundungen der Türkei in der Ägäis als „inakzeptabel“. Zur symbolischen Unterstützung Griechenlands entsandte er zusätzliche Kriegsschiffe. Er zeigt sich auch offen gegenüber zusätzlichen Türkei-Sanktionen der Europäischen Union – im Gegensatz etwa zu Deutschland.

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