Halle-Attentäter voll schuldfähig

von Redaktion

Gutachter sieht keine Hinweise auf eine krankhafte Störung

Naumburg – Im Prozess gegen den mutmaßlichen Halle-Attentäter Stephan B. hat ein Gutachter den Angeklagten als voll schuldfähig eingestuft. „Es spricht nichts für eine krankhafte Störung“, sagte der Sachverständige Norbert Leygraf am Dienstag in der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Der Gutachter attestierte B. zwar eine „komplexe Persönlichkeitsstörung“. Die Steuerungsfähigkeit sei aber nicht beeinträchtigt.

Die Beurteilung der Schuldfähigkeit ist entscheidend für die spätere Strafzumessung. Der psychiatrische Sachverständige attestierte B. eine „komplexe Persönlichkeitsstörung im Sinne einer seelischen Abartigkeit“ mit autistischen Zügen. Dies führe aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten und dessen Einsichtsfähigkeit. Der Angeklagte habe die Taten langfristig und „minutiös“ vorbereitet.

Leygraf schilderte B. als wortkargen Einzelgänger, der kaum gewöhnlichen Kontakt zu anderen Menschen habe. In seinem Weltbild hätten sich „ausländerfeindliche Überzeugungen und paranoide Verschwörungstheorien mit Antisemitismus verbunden“, sagte Leygraf. Wann das geschehen sei, sei offen. „Er hat den Stoff, aus dem sich dieses Weltbild speist, offenbar durchgehend durch Internetaktivitäten zusammengetragen.“ Dort habe der spätere Attentäter auch Gleichgesinnte gefunden.

B. soll am 9. Oktober vergangenen Jahres während der Feierlichkeiten zum jüdischen Feiertag Jom Kippur versucht haben, bewaffnet in die Synagoge in Halle einzudringen und die dort versammelten Menschen zu töten. Als ihm dies nicht gelang, erschoss der 28-Jährige auf offener Straße eine Passantin und einen Mann in einem Dönerimbiss. Auf der anschließenden Flucht verletzte er weitere Menschen, bevor er gefasst werden konnte.

Seine Taten filmte der mit Waffen und Sprengstoff ausgerüstete B. und stellte die Aufnahmen live ins Netz. Die Gewalttat löste weltweit Entsetzen aus.  afp

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