„Man sollte sich immer ans Fenster setzen“

von Redaktion

INTERVIEW Ein Münchner Virologe erklärt, wie man sich in Bussen und Bahnen am besten vor dem Virus schützt

Dieter Hoffmann, 49, ist stellvertretender Leiter des diagnostischen Labors am Institut der Virologie an der TU München.

Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr in den öffentlichen Verkehrsmitteln? Gibt es Studien dazu?

Studien gibt es nicht direkt. Aber es wurde die Ansteckung durch Aerosole in Innenräumen untersucht. Und man weiß, dass die Tröpfchen – abhängig von der Größe – länger in der Luft bleiben können. Das gilt für Innenräume insgesamt. Also auch für öffentliche Verkehrsmittel. Deswegen ist es wichtig, dass man Mund und Nase bedeckt, um die Aerosole zu verringern.

Ist die Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, im Wirtshaus höher als im öffentlichen Nahverkehr?

Man kann prinzipiell nicht sagen, das eine hat ein höheres Infektionsrisiko als das andere. Die Abstände können sicherlich in der Gastronomie besser eingehalten werden. Der Vorteil in Bahnen und Bussen ist jedoch, dass die Masken durchgehend getragen werden. Und es kommt auch darauf an, wie lange jemand im Nahverkehr unterwegs ist. Meistens ist das ja nur kurz.

Welche Regeln sollte man in U- und S-Bahnen, Bussen und Zügen beachten?

Da gibt es viele Punkte. Auf jeden Fall den Abstand von mindestens eineinhalb Metern einhalten. Wenn der Abstand nicht eingehalten werden kann, kann man versuchen, sich an ein Fenster zu setzen, um nur von einer Seite Kontakte zu haben. Sollte jemand Erkältungssymptome wie Husten oder Schnupfen haben, empfiehlt es sich, sich unbedingt wegzusetzen. Die Haltevorrichtungen sollten auch gemieden werden, wenn das möglich ist. Außerdem sind dicht sitzende Masken sehr wichtig. Und man sollte sich nicht mit den Händen ins Gesicht fassen.

Sollten Pendler lieber auf die nächste S-Bahn warten, wenn eine Bahn überfüllt ist?

Das kann ich nicht einschätzen. Das hängt beispielsweise davon ab, wie lange ich überhaupt in dieser U-Bahn oder S-Bahn bin. Wenn es nur wenige Minuten sind, dann ist es was anderes, als wenn ich eine Stunde damit fahre.

Sollte es eine maximale Passagieranzahl geben?

Ich weiß nicht, wie es in der Praxis umzusetzen wäre. Man müsste die Leute zählen und das erscheint mir sehr schwierig. Im Bus wäre das noch eher möglich. Aber eine Überlegung wäre es wert. Ich würde es jedenfalls empfehlen.

Sollten ältere Menschen und Risikogruppen aktuell den öffentlichen Personennahverkehr meiden?

Ja. Immungeschwächte oder ältere Menschen sollten sich genau überlegen, wie sie wohin kommen können. Besser ist es mit dem eigenen Auto, oder wenn Familienangehörige die Person fahren. Natürlich ist auch das Fahrrad eine Alternative für öffentliche Verkehrsmittel, da dort das Infektionsrisiko gleich null ist.

Haben Sie eine Idee, wie man den öffentlichen Personennahverkehr sicherer machen kann?

Wenn es möglich ist, sollte gelüftet werden. Denn Luftaustausch ist wichtig, da die Aerosole hinausbefördert werden und Außenluft niemals eine hohe Virenzahl beinhaltet.

Am Montag beginnt die Schule wieder und es werden mehr Pendler unterwegs sein. Blicken Sie dem Tag mit Sorge entgegen?

Wenn wieder mehr Menschen unterwegs sind, steigt das Ansteckungsrisiko. Arbeitnehmern sollte wenn möglich Homeoffice angeboten werden.

Interview: Franziska Florian

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