Münchens Dunkelziffer beleuchtet

von Redaktion

Die ersten Ergebnisse der groß angelegten Münchner Corona-Studie stehen fest

München – Wie viele Menschen sind mit dem Coronavirus infiziert, ohne Symptome zu zeigen? Mit der spannenden Suche nach der Dunkelziffer befasst sich ein Forschungsprojekt des Tropeninstituts des LMU Klinikums München seit April 2020. Die Forscher der „Prospektive Covid-19 Kohorte München“ (kurz KoCo19) haben im April Blutproben aus 3000 zufällig ausgewählten Haushalten gesammelt. Dabei untersuchten sie, wie viele Münchner bereits Antikörper gegen Corona entwickelt haben. Nun liegen erste Ergebnisse vor.

Der KoCo19 zufolge haben knapp zwei Prozent der Münchner in der ersten Welle der Corona-Pandemie Antikörper gegen das Virus entwickelt. Damit liegt die Zahl vier Mal höher als die offiziell gemeldeten Corona-Fälle beim Statistischen Amt München. Das waren bis Ende April nur 0,4 Prozent der Münchner Bevölkerung. Anders sieht es bei der Dunkelziffer der Todesfälle aus, die mit Corona zusammenhängen: Die sei laut KoCo19 niedrig. Das kam bei einem Vergleich von Übersterblichkeitsrate und Corona-assoziierten Sterbefällen heraus. Bedeutet: Wenn jemand an oder mit Corona stirbt, dann wird das auch in den meisten Fällen erfasst.

Davon leitet das Team um Professor Dr. Michael Hölscher ab, dass die Sterblichkeitsrate von Covid19-Infektionen bei knapp einem Prozent angesiedelt ist. Diese Zahl liege „um ein Vielfaches über der für saisonale Grippe-infektionen“, erklären die Forscher.

Zudem stützen sie eine These, die schon länger im Raum steht: Dass der Verlust von Geschmacks- und Geruchssinn symptomatisch für eine Infektion ist. 20 Prozent der Probanden, die unter Einschränkungen dieser Sinne klagten, hatten auch einen positiven Antikörperbefund. Nicht feststellen konnten die Wissenschaftler, ob es besondere Risikogruppen für die Infektion gibt. Die Studien-Teilnehmer gaben in Fragebogen unter anderem Alter, Geschlecht und Beruf an. Die Untersuchung des KoCo19 ergab keine besonderen Muster dafür, wer Antikörper gebildet hatte.

Als Fazit schreiben die Forscher, dass die „Beherzigung der Maßnahmen zum Infektionsschutz durch die Bevölkerung ein Faktor für die in der ersten Welle erfolgreiche Eindämmung der Pandemie in Bayern sein könnte“. Sie halten angesichts der häufigen Ansteckungen innerhalb eines Hauses oder Wohnung „Quarantänemaßnahmen für Personen, die im selben Haushalt leben, für sinnvoll“.

Die Münchner Studie ist mit der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse aber noch nicht beendet. Die insgesamt 5313 Probanden sollen in den kommenden Wochen an einem erneuten Antikörpertest teilnehmen. Ziel der Forscher ist, mehr über den Verlauf der Epidemie herauszufinden. Eine Hoffnung habe sich laut Dr. Hölscher bereits zerschlagen: Eine Herdenimmunität sei aufgrund der niedrigen Dunkelziffer kaum zu erreichen. STÉPHANIE MERCIER

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