Corona wirft uralte Gewissheiten über den Haufen, zwingt zur Suche nach Gemeinsamkeiten. Das haben auch die Kirchen in Bayern verstanden, die sich nun auf die Überwindung alter Barrieren verständigt haben: Statt konfessionell getrennten Religionsunterricht soll es für die Dauer der Pandemie Konfessionsmischung im Fach Religion geben. Es ist eine Art Ökumene im Klassenzimmer – erzwungen durch Corona. Die Schule vollzieht damit aber das, was die beiden christlichen Kirchen in unendlicher Langsamkeit nur diskutieren.
Für Bayern ist das ein revolutionärer Schritt. Die Aufhebung der Konfessionen in den Religionsstunden bricht mit einem Tabu. Man muss nur ein halbes Jahrhundert zurückblicken, um zu erahnen, wie unvorstellbar starr die Konfessionsschranken früher an den Schulen waren. Bis in die 1950er-Jahre gab es sogar eine nach Religionen getrennte Lehrerausbildung, erst 1968 wurden die konfessionsgetrennten Bekenntnisschulen in Bayern durch die „christliche Gemeinschaftsschule“ abgelöst. Das musste den Kirchen damals abgerungen werden.
Für die Schüler ist es gut, wenn wieder verstärkt Religion und Ethik unterrichtet werden. Diesen Fächern kann, geschickte Lehrer vorausgesetzt, in schweren Zeiten ein besonderer Stellenwert zukommen. Die Frage bleibt freilich, ob diese Art von Ökumene nicht dauerhaft im Klassenzimmer etabliert werden könnte.
Dirk.Walter@ovb.net