München – Ampeln, die ständig auf Rot stehen, sind ein frustrierender Anblick. In Österreich haben sie seit einiger Zeit eine Corona-Ampel, sie könnte in vier Farben leuchten, aber diese Vielfalt ist seit Anfang November nicht mehr nötig. Ganz Austria leuchtet mittlerweile rot.
Am Freitag erreichten die Corona-Zahlen neue Höhen. 8962 Personen infizierten sich innerhalb von 24 Stunden, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt landesweit bei 554 – fast viermal so hoch wie in Deutschland (140,4). Einzelne Länder sind noch schlimmer dran. Vorarlberg kommt auf 850, Oberösterreich auf 810, Tirol auf 707. Die Hoffnung, dass die seit Anfang November geltenden Maßnahmen greifen – Ausgangsbeschränkungen, Restaurant- und Hotelschließungen, Verbot von Veranstaltungen –, haben sich bislang nicht erfüllt. Dabei geht Österreich weiter als etwa Deutschland.
Am Samstagnachmittag will Bundeskanzler Sebastian Kurz nun abermals Einschnitte bekannt geben. Einzelhandels- und Dienstleistungen dürften sicher betroffen sein, über die Schulen wird bis zuletzt verhandelt – mit der Tendenz, dass zumindest die weiterführenden Schulen auf Fernunterricht umstellen. Vor allem Kurz soll sich dafür einsetzen. Er ist der Meinung, dass man keine Wahl mehr hat. Auch die Ausgangssperren könnten verschärft werden, angeblich mit einer kompletten Einschränkung zwischen 23 und 5 Uhr.
Aus den Daten der Ampelkommission geht hervor, dass sich mittlerweile 77 Prozent der Fälle nicht mehr zu einer konkreten Quelle zurückverfolgen lassen. Grundsätzlich befolgen die Österreicher zwar die Weisungen der Politik und reduzieren ihre Kontakte – aber nicht in dem Maße wie beim Lockdown im März. Gesundheitsminister Rudolf Anschober beklagte diese Woche „besorgniserregende Bilder von größeren Menschenansammlungen“ in Einkaufszentren. Allem Anschein nach sind sie zu einem Ersatz für geschlossene Restaurants und Wirtshäuser geworden. Nun könnten auch die Shoppingmeilen zugesperrt werden.
Unter all diesen traurigen Umständen fällt es vielerorts schwer, sich auf die Skisaison zu freuen. Die Stimmung unter den Hoteliers sei „vorsichtig gesagt verhalten“, sagt Christian Schützinger, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Vorarlberg. Die meisten Häuser hätten den Saisonstart auf 4. Dezember verschoben, und auch dann möglicherweise nur eingeschränkt: „Man wird sehen, ob im Vollbetrieb oder bloß an den Wochenenden.“
Die Aussicht, Urlaub in einem Risikogebiet zu machen und anschließend in Quarantäne gehen zu müssen, hat die Buchungszahlen in den Keller gedrückt. Normalerweise, sagt Schützinger, „haben wir bis Mitte November zwei Drittel der Saison in den Büchern“. 60 Prozent der Gäste reisen aus Deutschland an. Dieses Jahr liegen die Vorarlberger Hoteliers lediglich bei einem Drittel und auch das nur wegen der großzügigen Stornobedingungen.
„Das kostet extrem Nerven“, sagt der Tourismus-Chef, dennoch spricht er sich für eine Verschärfung der Maßnahmen aus: „Wahrscheinlich ist rigoroses Durchgreifen sinnvoll.“ Wenn die Zahlen auf ein erträgliches Maß sinken, so hofft er, könnte die Saison doch noch ein bisschen in Schwung kommen. Besser spät als nie. Er denkt da an den Sommer zurück. „Nach dem Lockdown ist die Reisetätigkeit gleich angesprungen.“ Und bis Ende April, Anfang Mai könnte der Betrieb in vielen Skigebieten laufen.
Aber bis dahin ist noch lange hin. Erst mal schauen die Österreicher mit einem mulmigen Gefühl auf die täglichen Zahlen. Einzelne Bezirke liegen in der Inzidenz über 1000. Unrühmlicher Spitzenreiter ist Rohrbach (Oberösterreich) mit 1612,9. Ganz anders Ischgl. Der Bezirk Landeck, in dem der berühmt-berüchtigte Skiort liegt, rangiert mit 376,2 weit unter dem Landesdurchschnitt. Es ist noch regelrecht ruhig. Aber die Saison beginnt auch erst am 17. Dezember.