WIE ICH ES SEHE

Ugur Sahin, Özlem Türeci und der Tegernsee

von Redaktion

Ugur und Özlem – wer bitte? Sie sind das Forscherehepaar, das einen Impfstoff gegen die Covid-19-Pandemie entwickelt hat. Einen Schutz von 90 Prozent haben Probanden, die damit geimpft wurden, in Versuchsreihen gefunden. Das ist sehr viel, wenn man bedenkt, dass ein normaler Grippeimpfstoff allenfalls 40- bis 60-prozentigen Schutz bietet. Dabei ist der Forschungsansatz von Ugur Sahin, der sogar am Tag der Hochzeit mit seiner Özlem einige Stunden in seinem Labor verbracht hat, revolutionär. Statt, wie es auch bei anderen Impfungen geschieht, inaktive Viren oder Proteine zur Entwicklung von Gegenreaktionen zu spritzen, enthält das neue Mittel nur einen Strang der genetischen Information, das sogenannte Boten-RNA. Dieses Material gibt den Zellen eine Anweisung und das Rezept, selber Proteine zu entwickeln. Diese können dann das feindliche Virus erkennen und abweisen.

Was hier im Zeichen der Not in „Lichtgeschwindigkeit“ entwickelt wurde, ist viel mehr als ein Lichtstrahl der Hoffnung in der tiefen Nacht dieser Pandemie. Es ist ein Meilenstein des Fortschritts, der zeigt, wie weit eine Biologie gekommen ist, die nun bis in jede einzelne Zelle hineinwirken kann. Das gibt hinter dem Horizont Hoffnung für viele Bereiche der Medizin, auch für die Krebsimmuntherapie. Sie bildet das eigentliche Arbeitsgebiet von Sahin und seinem Team. Ein bisschen stolz dürfen wir schon sein als Deutsche, dass dieser revolutionäre Schritt der genetischen Biologie und die schnelle Entwicklung des Serums gegen die Corona-Pandemie in der Mainzer Firma Biontech eine deutsche Leistung ist. Denn der türkischstämmige Ugur Sahin kam schon im Alter von vier Jahren mit seiner Mutter nach Köln. Sein Vater war dort bei Ford beschäftigt.

Einwanderer sind sowieso häufiger Firmengründer als deutsche Ureinwohner. Gut, dass es sie gibt, denn Deutschland hat seine einstmals führende Stellung als sogenannte Apotheke der Welt lange verloren. In den letzten Jahren sind wir trotz einzelner Erfolge eher weiter zurückgefallen auf vielen Gebieten fortschrittlicher Wissenschaft. Wir sind wohl nicht attraktiv genug für Begabungen. Unsere Universitäten versinken in Wissenschaftsbürokratie, anstatt sich zu öffnen für junge Unternehmer, wie es immerhin die Universität Mainz mit Sahin getan hat. Dazu hat sich bei uns eine „grüne“ Ideologie breitgemacht, die im technologischen Fortschritt, zum Beispiel auf dem Gebiet der Genetik, eher eine Bedrohung sieht als eine Chance.

Forschung und Entwicklung brauchen viel Kapital und auch das kam im Fall der Firma Biontech aus Deutschland. In der Krise hat der Bund Millionen dazugegeben. Ob das wirklich notwendig war? Denn das Startkapital stammt unter anderem von den Hexal-Gründern Andreas und Thomas Strüngmann. Sie leben am schönen Tegernsee, haben aber als echte, kreative Unternehmer wahrlich nicht die Hände in den Schoß gelegt. Auch das hat beste Tradition in Deutschland. Familienunternehmer sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie helfen sich selber, brauchen den Staat normalerweise nicht. Die ganze Welt beneidet uns darum.

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VON DIRK IPPEN

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