Washington/Kabul – „Das ist ein guter Schritt und im Interesse der Menschen in beiden Ländern“, jubelt Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid angesichts der Nachrichten aus Washington. Dort hat US-Präsident Donald Trump gerade angekündigt, noch vor Ende seiner Amtszeit rund 2000 der 4500 in Afghanistan stationierten Soldaten abzuziehen. Den Taliban spielt Trumps Vorstoß in die Hände. Die Friedensverhandlungen mit der Regierung kommen kaum voran, immer heftiger greifen die islamistischen Gotteskrieger die Regierung in Kabul an. Ein so überstürzter Abzug der Amerikaner würde den Taliban die Machtübernahme erleichtern. Ohne Unterstützung der ausländischen Militärs steht die Regierung in Kabul auf verlorenem Posten.
Die Nato-Bündnispartner blicken deshalb mit Sorge auf den US-Truppenabzug. Befürchtet wird nicht nur ein Wiedererstarken der Taliban, auch einem Vormarsch der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) am Hindukusch öffnet Trump Tür und Tor. Vergebens hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor möglichen Folgen eines überhasteten Rückzugs gewarnt. Der Preis für ein zu schnelles oder unkoordiniertes Verlassen des Landes könne sehr hoch sein, sagte der Norweger. Afghanistan drohe wieder ein Rückzugsort für internationale Terroristen zu werden, die Angriffe auf Nato-Länder planten.
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas ist bestürzt. Die drastische Reduzierung der US-Soldaten könnte die Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den aufständischen Taliban gefährden: „Ohne Not sollten wir nicht noch zusätzliche Hürden aufbauen, die ein überstürzter Abzug aus Afghanistan ganz sicherlich zur Folge haben würde.“
Die USA stellen mit Abstand den größten Teil der Nato-Truppe in Afghanistan, die vor allem die afghanischen Streitkräfte ausbildet. Die Bundeswehr ist mit gut 1200 Soldaten beteiligt und hat im Norden des Landes die Führungsrolle. Ohne die Amerikaner gilt eine Fortsetzung des Einsatzes als schwierig bis unmöglich.
„Für uns bleibt politisch ganz besonders wichtig, dass wir das, was wir bisher erreicht haben, nicht durch überstürzte Handlungen gefährden dürfen“, betonte Maas. Kein Wunder: Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan dauert schon 19 Jahre und ist der verlustreichste in der Geschichte der Truppe. 59 deutsche Soldaten kamen in Afghanistan ums Leben.