Wir dürfen zurzeit nicht hinein in unsere schönen, alten Gasthäuser und Schänken. Aber ihre Schilder wenigstens können wir von außen bewundern und ihre traditionsreichen Namen studieren. Da ist der „Rote Ochse“, der „Goldene Hirsch“, dazu der „Bayerische Löwe“, der „Goldene Engel“, das „Einhorn“. Der „Krug zum Grünen Kranze“, in dem der fremde und doch befreundete Wanderer beim kühlen Wein sitzt, ist in eines unserer schönsten Volkslieder eingegangen.
Um zu verstehen, warum es diese altvertrauten Bezeichnungen heute noch gibt, muss man sich klarmachen, dass es im Mittelalter allgemein üblich war, Häuser mit Namen zu benennen. Es gab ja noch keine Hausnummern. Und bei Gasthäusern wie Apotheken haben sich diese Hausnamen erhalten.
Die ersten Einrichtungen, die Reisenden die Möglichkeit zur Unterkunft und Verpflegung boten, waren die von Mönchen geführten christlichen Hospize an Pilgerwegen und auf Pässen. Religiöse Benennungen gingen auch in die späteren weltlichen Gasthäuser ein: Da ist die Rose als Marienzeichen, der Anker als Zeichen der Hoffnung, die Sonne als Bezug zu Christus wie die „Drei Mohren“, die mit den Heiligen Drei Königen zu tun haben.
Alle Evangelisten haben ihr Symbol und so finden wir den Engel des Matthäus, den Löwen des Markus wie den Adler des Johannes auf den Gasthausschildern. Der grüne Kranz symbolisiert das Schankrecht und der Ochse deutet auf eigene Schlachtung hin. Vom „Eisenhut“ bis zum „König von Preußen“ – alles hat seine Bedeutung.
Die prächtigen Schilder und die Figuren darauf waren notwendig als Bildzeichen für eine Kundschaft und ein Publikum, von denen die meisten gar nicht lesen konnten. Die Handwerksinnungen hatten in den Gasthäusern ihre eigene Zunftstube als Anlaufpunkt für die Handwerksgesellen, die „auf der Walz“ Arbeit suchten.
Gasthausnamen sind in die Literatur eingegangen. Berühmt ist in der „Jobsiade“ des Karl Arnold Kortum aus Bochum der im Kneipenleben verlotterte Student Hieronymus. Im Theologie-Examen antwortet er auf die Frage nach der Natur der Engel: „Er kenne zwar nicht alle Engel eben, doch wäre ihm ein blauer Engel bekannt auf dem Schild an der Schänke ,Zum Engel’ benannt.“ Im Film ist „Der blaue Engel“ um die Welt gegangen als das Hafen-Varieté, in dem die kesse Lola, alias Marlene Dietrich, von den Männern singt, die sie umschwärmen wie Motten das Licht – bis sie verbrennen…
Das Hintergründigste aber zu Wirtshausnamen im wechselnden Strom des Lebens hat in seinem „Einhorn“-Gedicht Christian Morgenstern gesagt: „Das Einhorn lebt von Ort zu Ort nur noch als Wirtshaus fort.“ Und so, meint der sarkastische Dichter, mag es uns Menschen, ganz zu Geist geworden wie das Einhorn, einstmals auch ergehen: „Im „Goldenen Menschen“ sitzt man dann und sagt sein Solo an.“ Covid hin oder her und geschlossene Gasthäuser dazu, so weit wird es hoffentlich doch nicht mit uns kommen…
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