64 Prozent für Böller-Verbot

von Redaktion

Länder schränken Silvester-Feuerwerke nur in Innenstädten ein – Lockdown bis 20. Dezember

München/Berlin – Wenn es an Silvester möglichst lärmt und knallt, das hofften schon die alten Germanen, lassen sich die bösen Geister vertreiben. Die Verlockung ist groß, nach diesem gespenstischen 2020 am 31. Dezember den Dämon Corona einfach wegzuböllern. Doch auch daraus wird nichts. Die Politik bastelt am Böllerverbot für Innenstädte. Noch diese Woche werden schärfere Regeln für die Silvesternacht verkündet. Darauf haben sich die Ministerpräsidenten nach Informationen unserer Zeitung am späten Montagabend geeinigt.

Hintergrund ist die Angst, dass sich alkoholisierte Gruppen zum Feuerwerk an größeren Plätzen in der Stadt treffen – wenn die Abstandsregeln gebrochen werden, die Maske fällt und die Sektgläser kreisen, wird das zum Infektionsherd. Erst recht heuer, wo die Städte voll sind, weil nur wenige Menschen in den Urlaub ins Ausland reisen. Außerdem sollen die Krankenhäuser geschont werden, die jedes Jahresende mit einigen Böller- und Alkoholopfern zu tun bekommen. Allein in München, so hat das Polizeipräsidium für unsere Zeitung zusammengetragen, kam es bei Silvester 2019/20 zu 90 Einsätzen, darunter 33 Körperverletzungsdelikte. Und das war noch ein mildes Jahr, denn da galten erstmals ein Feuerwerksverbot in Teilen der Altstadt und ein Böllerverbot innerhalb des Mittleren Rings. Bundesweit wurden vor einem Jahr 1300 Feuerwerks-Verletzte gezählt.

Im Gespräch war zunächst Totalverbot, ein Vorstoß aus dem nicht gerade für Strenge und Ordnung bekannten Berlin. Zum Jahreswechsel solle der Verkauf, der Kauf und das Zünden von Feuerwerk verboten werden, schlug der dortige Bürgermeister Michael Müller (SPD) als aktueller Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz vor.

Demgegenüber positionieren sich die unionsgeführten Länder moderater. In einem Positionspapier, das unserer Zeitung vorliegt, ist von einem Verbot nur auf belebten Plätzen die Rede. Die Bundesbürger sollen unverbindlich gebeten werden, aufs Böllern insgesamt zu verzichten. Sogar Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagt: „Feuerwerk muss Silvester trotz Corona möglich sein.“ Mehrere CSUler hatten sich restriktiver geäußert. Hinter vorgehaltener Hand heißt es jetzt aber, man wolle nicht als Spaßbremse wahrgenommen werden und den Bürgern nach diesem Verzichts-Jahr alles verbieten. Die Ministerpräsidenten einigten sich deshalb in ihrer mehrstündigen Videoschalte am Abend auf diese Variante.

Die Bevölkerung ist in dieser Frage gespalten. 64 Prozent) sind laut einer aktuellen „Yougov“-Umfrage dafür, das Silvesterfeuerwerk heuer wegen der Corona-Krise zu verbieten. 25 Prozent lehnen ein Verbot ab. Das ist allerdings kein spektakulär hoher Wert. Schon im Vorjahr hatten 57 Prozent geraten, dass „Böllern zu Silvester aus Umwelt- und Sicherheitsgründen verboten“ werden sollte.

Nicht ganz überraschend: Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) lehnt ein Totalverbot ab. Es gehe auch um rund 130 Millionen Euro Umsatz, 90 Prozent des Jahresumsatzes der ganzen Branche. Für die Feuerwerksindustrie und 3000 Jobs sei das existenzgefährdend.

In den übrigen Punkten gab es am späten Abend zwischen den Ländern nach der viereinhalbstündigen Debatte zumindest eine deutliche Annäherung. Der Lockdown wird bis 20. Dezember verlängert. Dabei bleiben Gastronomiebetriebe sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen, die seit Anfang November dicht sind, weiter geschlossen. Die Hilfen laufen weiter. Geplant sind weitere Kontaktbeschränkungen auf zwei Haushalte mit maximal fünf Personen. Heute gibt es weitere Vorgespräche mit dem Bund, am Mittwoch dann die finale Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

C. DEUTSCHLÄNDER/S. REICH

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