Ein Mann drängt nach vorne

von Redaktion

VON HAGEN STRAUSS

Berlin – Als Ralph Brinkhaus kürzlich gefragt wurde, ob er als vierter Kandidat ins Rennen um den CDU-Vorsitz gehen würde, lachte er die Antwort quasi weg und vermied so ein klares Nein. Mittlerweile geht der Unionsfraktionschef bei der Bewältigung der Corona-Krise sogar auf Konfrontation zu den Ministerpräsidenten und zur Kanzlerin. Hängt beides miteinander zusammen?

Wenn Brinkhaus wollte, könnte er die Spekulation um eine mögliche Kandidatur mit einer deutlichen Ansage sofort beenden. Bisher hat er dies vermieden; er lässt sie lieber laufen. Was nicht unbedingt heißt, dass er auch bereit wäre, doch noch gegen Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen um den CDU-Chefsessel zu kämpfen. Vielmehr hilft es Politikern, dass sie mitunter für Höheres gehandelt werden. Die Wirkung will der Mann aus NRW augenscheinlich mitnehmen.

Bestätigt wurden unserer Redaktion allerdings Berichte, dass am Montag in der Präsidiumssitzung der CDU Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier den Fraktionschef massiv anging. Demnach sagte Bouffier in der Videoschalte: „Ich fordere Sie auf, sich in Zukunft zu mäßigen.“ Brinkhaus hatte den Ländern in der vergangenen Woche vorgeworfen, sich nicht genügend an den Lasten der Corona-Pandemie zu beteiligen. Es würden Beschlüsse gefasst „und die Rechnung dann dem Bund präsentiert“. Das sei „schlichtweg nicht in Ordnung“. Neben Bouffier zeigten sich auch andere Ministerpräsidenten verärgert. Sie verwiesen auf eigene milliardenschwere Corona-Hilfsprogramme, die die Landeshaushalte belasteten.

Zwar steht Brinkhaus fest an der Seite der Kanzlerin wenn es darum geht, möglichst scharfe Regeln zur Eindämmung des Virus zu erlassen. Aber im Parlament attackierte er auch Angela Merkel, die mit den Landesfürsten immer neue Hilfen auf den Weg bringe, ohne den haushälterisch zuständigen Bundestag genügend einzubinden. Brinkhaus traut sich was.

Nicht zuletzt, weil viele Haushälter beklagen, dass das Parlament förmlich beiseitegeschoben worden sei. Die Bundesregierung dürfe keine weiteren Finanzlasten übernehmen, die nicht in ihre Zuständigkeit fielen, hieß es. Aus der Fraktion verlautete, Brinkhaus habe dort volle Rückendeckung für sein Vorgehen. Seit 2018 führt er CDU/CSU im Bundestag. Damals trat er gegen den langjährigen Amtsinhaber und Merkel-Vertrauten Volker Kauder an und fegte ihn aus dem Amt. Brinkhaus ist ein exzellenter Redner, letzte Woche sprach er frei, als er die Kritik an den Ländern und der Kanzlerin auf den Punkt brachte. Er ist nun mal sehr selbstbewusst und mitunter schwer kalkulierbar.

In der Union wurde gemutmaßt, der Fraktionschef beginne nun auch damit, Pflöcke einzuschlagen hinsichtlich seiner Position nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Damit kann man nicht früh genug anfangen.

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