Nun ist wieder die Zeit der Weihnachtsgrüße gekommen. Trotz Facebook und Internet werden sie wie früher noch als Brief geschrieben wie empfangen. Gedruckte Weihnachtskarten mit unleserlicher Unterschrift wandern bei mir gleich in den Papierkorb.
Wie eine Phantom-Kommunikation finde ich auch Karten, auf denen unter dem gedruckten Gruß vielleicht noch nett geschrieben steht: „Wie geht es Euch?“ Das darf man keinesfalls wörtlich nehmen als eine Aufforderung, dem Sender wirklich Einzelheiten aus dem eigenen Leben mitzuteilen. So ist es nämlich nicht gemeint.
In diesem Jahr der Corona-Isolierung ist mit noch mehr „Weihnachtsrundbriefen“ zu rechnen. Sie schildern, was die Familie des Absenders in dem zu Ende gehenden Jahr alles an Schönem oder auch Schwerem erlebt hat. Die Schreiber erzählen einfach eine Geschichte über sich und ihre Angehörigen, mit guten Nachrichten wie Geburten und Hochzeiten, beruflichen Karrieren und Erlebnisreisen. Bei schlechten Nachrichten wie Erkrankungen, Todesfällen und Rückschlägen in Beruf oder Ausbildung bemüht man sich, zum Ausdruck zu bringen, wie tapfer man dieser oder jener Krise standgehalten hat.
Es gibt auch Nachrichten wie: „Wir mussten den großen Baum vor unserem Haus fällen“. Und am Schluss kommt: „Wir denken an Euch und Eure Lieben“. In Wahrheit aber enthalten solche Briefe nichts Persönliches, denn es sind Rundbriefe. Der gleiche Text geht an Hinz und Kunz. Entsprechend neutral und vorsichtig ist auch die Wortwahl der Schreiber. Nicht jeder auch kann so anschaulich schreiben, wie unsere großen Erzähler von Goethe und Schiller bis zu Theodor Fontane und Thomas Mann.
Wirklich erfreuen mich die wenigen, oft sogar handgeschriebenen persönlichen Weihnachtsbriefe, die ich bekomme. Davon hätte ich sogar gerne viel mehr. Aber heute wird alles digital gesendet und getippelt, auch die intimsten Dinge. Da mag sich kaum jemand die Zeit nehmen für einen echten Weihnachtsbrief.
Ich selber habe einen Kompromiss gefunden. Ich verschicke gedruckte Weihnachtskarten, denen ich immer einige handschriftliche Zeilen für den speziellen Empfänger meines Grußes hinzufüge. Ich hoffe einfach dabei, dass diese Zeilen mit ebenso gutem Gefühl und weihnachtlicher Freude gelesen werden, mit denen ich sie versende.
Wir bekommen auch Weihnachtsgrüße, die so anrührend und schön sind, dass wir sie im Weihnachtszimmer bei uns aufhängen. Sie begleiten uns durch die ganze Weihnachtszeit. Dazu gehören die Bilder glücklicher Familien inmitten ihrer blühenden Kinder- und Enkelschar. Weihnachten ist doch das Fest der Geburt und der Erneuerung des Lebens. Einen besonders netten Gruß mit viel Humor haben wir von einer befreundeten Familie erhalten. Auf dem Familienbild steht der Vater als Weihnachtsmann verkleidet vor seiner Frau und den beiden Kindern, daneben der Hund. Er fragt die Kinder: „Könnt ihr denn ein Gedicht aufsagen?“ „Wir können dir eins runterladen“, antworten seine Lieben fröhlich – und der Hund wedelt dazu mit dem Schwanz. Da ist es wieder, das unweihnachtliche Internet…
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