Abschiebe-Stopp nach Syrien läuft aus

von Redaktion

Innenminister der Länder uneins – Union: Nur Straftäter und Gefährder betroffen – Auch bei „Querdenkern“ Streit

Berlin – Der seit 2012 bestehende Abschiebestopp für Syrien läuft zum Jahresende aus. Bei den Beratungen der Innenminister von Bund und Ländern setzten sich die Vertreter der SPD-geführten Länder nicht mit ihrer Forderung nach einer Verlängerung durch. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend von Teilnehmern bestätigt, unter anderem aus dem Kreis der SPD-geführten Länder.

Das bedeutet, dass die Behörden ab dem kommenden Jahr wieder in jedem Einzelfall solch eine Möglichkeit prüfen können. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) als Sprecher der unionsgeführten Länder hatte aber schon während der Beratungen betont, dass sich die Frage einer Abschiebung bei den meisten syrischen Flüchtlingen gar nicht stelle. Es gehe um die kleine Gruppe von schweren Straftätern und Gefährdern – Menschen, denen die Sicherheitsbehörden schwerste politisch motivierte Straftaten bis hin zum Terroranschlag zutrauen.

Deren Aufenthalt hierzulande sei der Bevölkerung nicht zuzumuten, sagte Herrmann. „Da muss im Einzelfall in Zukunft wieder geprüft werden können, sie auch in ihre Heimat zurückzuführen.“ Dies hatte zuvor auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gefordert, der sich bei der Konferenz nach einem Kontakt mit einer coronainfizierten Mitarbeiterin von einem Staatssekretär vertreten ließ. Die unionsgeführten Länder drängen schon seit Längerem auf ein Ende des pauschalen Abschiebestopps.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius als Sprecher der SPD-geführten Länder hatte am Nachmittag erklärt, die Diskussion sei realitätsfern. Allein technisch und praktisch seien Abschiebungen in das Bürgerkriegsland derzeit nicht möglich, schon weil Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zum Regime von Baschar al-Assad unterhalte. Außerdem dürfe niemand in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter oder Tod drohten.

Herrmann sagte, nach Deutschland seien auch Assad-Anhänger gekommen, die angegeben hätten, von der Terrormiliz IS verfolgt zu werden. „Wenn ich so jemanden nach Damaskus zurückschicke, ist überhaupt nicht erkennbar, dass dem irgendwas dort sozusagen vom dortigen Regime droht.“ Assad-Gegner hingegen könnten womöglich in Landesteile unter der Kontrolle der Türkei oder kurdischer Gruppen geschickt werden.

Von Grünen und Linken kam während der Gespräche heftige Kritik. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth warf den Innenministern von CDU und CSU Verantwortungslosigkeit vor. Syrien sei ein Folterstaat, eine Diktatur und weiterhin ein Kriegsland. Auch bei Straffälligkeit sei es nicht gerechtfertigt, Menschen einer Gefahr für Leib und Leben auszusetzen.

Auch in der Frage einer Beobachtung der Querdenken-Bewegung durch den Verfassungsschutz zeichnet sich unter den Bundesländern noch keine einheitliche Linie ab. Pistorius (SPD) begrüßte zwar die in Baden-Württemberg angekündigte Observation des Stuttgarter Querdenken-Ablegers. „Aus der Bewegung heraus hat sich legitimer Protest gegen Corona-Maßnahmen zu einem Angriff auf den Staat und die Demokratie entwickelt“, sagte Pistorius. Er hielt eine Beobachtung der Gruppierung in seinem Bundesland aber noch nicht für notwendig.

M. HERZOG/A. CLASMANN

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