München – Es ist früher Nachmittag, als Michaela Erdmann am Telefon einen tiefen Seufzer loslässt. Hinter ihr liegen aufreibende Stunden. Sie hat viele Fragen beantworten und einiges erklären müssen, aber so richtig Klarheit herrscht noch immer nicht. In ihren zwei Apotheken in Planegg und Seefeld haben die Leute immer das gleiche Anliegen: Wann und wie sie die kostenlosen FFP2-Masken bekommen, von denen seit Mittwoch die Rede ist. Michaela Erdmann sagt: „Da herrscht totale Verwirrung.“
Nicht nur bei den Kunden. Auch Apotheker tun sich zunächst schwer, die Verordnung, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Mittwoch vorstellte, in allen Feinheiten zu verstehen. Unmissverständlich ist sie nur in ihren Grundzügen. Rund 27,3 Millionen Menschen – alle über 60-Jährigen sowie jüngere Angehörige von Risikogruppen wie Herz- oder Schlaganfallpatienten – erhalten in drei Tranchen insgesamt 15 Atemschutzmasken, FFP2 oder vergleichbar. Die ersten drei ab Mitte Dezember, frühestens am 15., sowie je sechs bis Ende Februar und Mitte April. Für die zwei Sechserpacks fallen jeweils zwei Euro Selbstbeteiligung an, die ersten drei sind kostenlos. Die Apotheken werden pro Maske mit sechs Euro vergütet.
Die Tücken lauern im Detail. Das fängt damit an, dass die ganz Ungeduldigen schon gestern die Masken abholen wollen und auf konsternierte Apotheker treffen. Sie sind mindestens fünf Tage zu früh, und das ist nicht das einzige Problem, wie Michaela Erdmann zu bedenken gibt: „Bevor wir etwas austeilen können, müssen wir ja etwas haben.“ Kurzfristig stehen sie und ihre Kollegen jetzt vor der Herausforderung, ausreichende Vorräte anzulegen. „Logistisch“, klagt Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, „ist es eine Herkulesaufgabe.“
Im neuen Jahr, wenn die zweite und dritte Etappe anstehen, werden die Verhältnisse klar sein. Bis dahin erhalten die Bürger von ihren Krankenkassen fälschungssichere Coupons, die sie dann in den Apotheken gegen Masken eintauschen. Bei der ersten Tranche ist das anders. Hier liegt es an den Apotheken, Ansprüche zu prüfen.
An dieser Stelle ist die Verordnung etwas schwammig. In einem „vereinfachten Verfahren“, heißt es da, könnten die Leute mittels Personalausweis belegen, dass sie über 60 sind, oder „durch Eigenauskunft“ den Anspruch nachweisen. Spahn vertraut darauf, dass Apotheker „in den allermeisten Fällen“ ihre Kunden kennen. Eine Grauzone wird dennoch bleiben, doch angesichts hoher Infektionszahlen war dem Ministerium vor allem Tempo wichtig.
Nicht überall wird die Entscheidung begrüßt. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, kritisiert den „warmen Geldregen“ für die Apotheker. „Dieses Geld wäre besser angelegt für Schnelltests in der Altenpflege.“