Ausgangssperre an Weihnachten

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER UND DOMINIK GÖTTLER

München – Eigentlich ist Markus Söder (CSU) der Mann für Anekdoten, aber diesmal ist sein Kultusminister am Zug. Also erzählt Michael Piazolo (Freie Wähler) vom Ex-Kanzler Kurt Georg Kiesinger, der angeblich als Bub zu Weihnachten immer bloß zwei Apfelsinen bekam. Damit endet die Geschichte auch schon, es ist mehr ein Kurzaufruf zur Besinnung. Der Subtext ist gut vernehmbar: Das Fest wird in jeder Hinsicht bescheidener als sonst.

Weihnachten ist in diesem Jahr eine politisch fein austarierte Sache. Am Sonntag haben Bund und Länder konkrete Regeln festgezurrt, die Bayerns Kabinett am Tag danach bestätigt. Im Kern gilt: kleinere Feiern, die früher enden. „Es tut uns leid, dass wir solche Maßnahmen treffen müssen“, sagt Ministerpräsident Söder nach der Ministerrunde und bemüht sich dann doch noch um Optimismus. Auch mit den neuen Regeln sei eine schöne Feier „gut möglich“.

Grundsätzlich darf ein Haushalt über die Feiertage vier weitere Personen einladen, vorausgesetzt, sie kommen aus dem engeren Familienkreis. Heißt etwa: Lebenspartner oder Geschwister. Kinder unter 14 Jahren können dazukommen. Es ist also etwas mehr möglich als an den übrigen Lockdown-Tagen, an denen sich maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen. Die harte Variante gilt übrigens auch an Silvester.

Mehr Lockerung ist laut Söder aber auch nicht drin. Dazu sei die Corona-Situation ganz einfach zu ernst. Auch an Weihnachten soll deshalb eine Ausgangssperre ab 21 Uhr (bis 5 Uhr des Folgetags) gelten. Wer zusammen feiert, muss also früh wieder nach Hause aufbrechen oder beim Gastgeber übernachten. Die Polizei soll kontrollieren, wenn auch „mit Augenmaß“, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betont. Es gehe nicht um die, die fünf Minuten zu spät sind, sagt er. „Es geht um die, denen die Regeln wurscht sind.“ Auch das Bußgeld – mindestens 500 Euro – werde „verhältnismäßig“ verhängt.

„Die Ausgangssperre ist wirklich ernst zu nehmen“, sagt Herrmann. Speziell an Weihnachten leuchtet das aber nicht jedem ein. SPD-Fraktionschef Horst Arnold nennt sie „realitätsfern“ und wegen regional unterschiedlich hoher Infektionszahlen nur „schwer zu vermitteln“. Söder, das abschreckende Thanksgiving-Beispiel aus den USA vor Augen, sagt indes klar: „Wir wollen nicht, dass abends die großen Weihnachtspartys stattfinden.“

Die Sorge dahinter ist sehr konkret. Ohne die Sperre, heißt es aus der Staatsregierung, fürchte man etwa, dass Studenten am 24. Dezember nachmittags und abends mit ihren Eltern feierten, um sich danach zur Party mit Freunden zu treffen. Der Grundintention, Kontakte zu reduzieren, liefe das natürlich komplett zuwider.

Die strikte Regelung sorgt auch an anderer Stelle für Irritationen. Laut Herrmann sollen auch Gottesdienste an den Feiertagen so gelegt werden, dass Besucher um 21 Uhr zu Hause sein können. „Was für alle gilt, ist gerecht“, sagt er. In Kirchenkreisen kommt der Gedanke allerdings nicht überall gut an.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx zeigte sich betroffen von der Nachricht. „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Weihnachtsgottesdienste von der Ausgangssperre ausgenommen sind und unter den Bedingungen der erarbeiteten strikten Infektionsschutzkonzepte mit Anmeldeverfahren für die Teilnahme wie geplant stattfinden können“, erklärte er am Abend gegenüber unserer Zeitung. „Christmetten stellen die zentralen gottesdienstlichen Feiern des Weihnachtsfestes dar. Wir haben unseren Wunsch immer deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Besuch der Christmetten unter Einhaltung unserer strengen Schutzmaßnahmen möglich gemacht werden sollte, und hoffen, dass die laufenden Gespräche und Beratungen im Landtag noch zu dem Ergebnis führen werden“, so der Kardinal. „Die Ausgangssperre ab 21:00 Uhr am Heiligen. Abend wäre für uns sehr schmerzhaft.“

Betroffen wäre dann auch die Christmette mit dem Kardinal, die für Heiligabend, 22 Uhr, geplant ist.

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