Ernüchterung in Tübingen

von Redaktion

Corona-Fälle in drei Seniorenheimen – Palmer entschuldigt sich

München – Es gibt nicht viele Erfolgsgeschichten in Corona-Zeiten, umso mehr Aufmerksamkeit erhielt diese: In Tübingen hieß es noch vergangene Woche, in den städtischen Senioren- und Pflegeheimen gebe es seit Mai keinen einzigen Corona-Fall. Eine Kombination aus strengen Testvorgaben, der Verteilung kostenloser FFP2-Masken und einem städtischen Service von speziellen Senioren-Einkaufszeiten bis zu Sammeltaxis statt Busfahrten schien die Zahl der Infektionen auf null gedrückt zu haben.

Nun stellt sich heraus, dass das so nicht mehr stimmt. Gestern wurde bekannt, dass bereits vergangene Woche bei sechs Bewohnern eines Tübinger Seniorenheimes sowie vier Pflegern eine Infektion festgestellt wurde. In einem weiteren Heim wurde eine Bewohnerin positiv getestet, die kurz zuvor aus einer Klinik entlassen worden war. In einer dritten Einrichtung sind 19 Bewohner und sieben Angestellte erkrankt.

Man habe „über eine erfreulich lange Zeit keine Ausbrüche“ gehabt, korrigierte sich Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) gestern. Trotz mehrerer Infektionen beim Personal habe „die Barriere, die wir durch die regelmäßigen Schnelltests errichtet haben, in den meisten Fällen gehalten“. Nun sind die Dämme doch gebrochen, und Palmer entschuldigt sich dafür, noch vor wenigen Tagen von null Fällen gesprochen zu haben. Das sei „keine bewusste Fehlinformation“ gewesen. Wegen Problemen bei der Datenübermittlung zwischen Kreis und Stadt sei er bei den Zahlen nicht auf dem neuesten Stand gewesen.

Für den medienbewussten OB, der bundesweit gefeiert worden war, ist diese Wendung ein jäher Schlag. Trösten kann er sich immerhin damit, dass Bund und Länder künftig eine ähnliche Strategie wie die Tübinger fahren wollen.  mb

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